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Linke Peronisten vor Comeback in Argentinien

 Alberto Fernandez steuert einem Wahlsieg zu
Alberto Fernandez steuert einem Wahlsieg zuREUTERS
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Argentiniens Präsident Macri steht inmitten der Wirtschaftskrise auf verlorenem Posten. Oppositionskandidat Fernandez hat Cristina Kirchner als Vize-Kandidatin im Schlepptau.

In Argentinien stehen die linkspopulistischen Peronisten bei der Präsidentenwahl am Sonntag vor einem glänzenden Comeback. Ihr Kandidat Alberto Fernandez (60) dürfte sich Umfragen zufolge bereits im ersten Wahlgang klar gegen den konservativen Amtsinhaber Mauricio Macri (60) durchsetzen und damit auch der umstrittenen Ex-Präsidentin Cristina Kirchner eine Rückkehr in die Casa Rosada ermöglichen.

Die langjährige Bewohnerin des Präsidentensitzes in Buenos Aires - zunächst als Ehefrau von Präsident Nestor Kirchner (2003-2007) und danach als Präsidentin (2007-2015) - kandidiert diesmal nämlich auf dem Ticket der Peronisten für das Amt der Vizepräsidentin. Die wegen Misswirtschaft und Korruptionsermittlungen umstrittene Politikerin hat wegen ungewisser Erfolgsaussichten auf eine eigene Präsidentschaftskandidatur verzichtet. Stattdessen ging sie mit ihrem früheren Kabinettschef Fernandez, mit dem sie sich im Jahr 2008 überworfen hatte, ein politisches Zweckbündnis ein.

Im Wahlkampffinish trat Kirchner aber zunehmend eigenständig auf, was Spekulationen über die Tragfähigkeit der Allianz mit Fernandez befeuerte. Dieser war zunächst rechte Hand von Präsident Nestor Kirchner gewesen, Cristina Kirchner entließ ihn aber schon nach gut einem Jahr im Amt, woraufhin er sich mit einer eigenen Partei politisch selbstständig machte. Während Kirchner im Jahr 2015 mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt wurde und auch ihr politisches Comeback als Senatorin im Jahr 2017 glanzlos blieb, konnte sich Fernandez als glaubwürdige Alternative zu Macri profilieren. 2018 schloss sich Fernandez wieder den Peronisten an, im Mai 2019 gaben er und Kirchner ihr gemeinsames Antreten bekannt.

Verheerende Wirtschaftsdaten

Die anhaltende Wirtschaftskrise spielt Fernandez, der unter anderem das Mercosur-Abkommen mit der Europäischen Union neu verhandeln will, bei der Präsidentenwahl in die Hände. "Schon wieder haben sie uns verschuldet, Firmen geschlossen, Menschen arbeitslos gemacht und die Mittelklasse in die Armut gestoßen", geißelte der Linkspolitiker in einer Fernsehdebatte die "neoliberale" Politik Macris. Dieser verteidigte sich damit, dass eine vierjährige Amtszeit nicht gereicht habe, um die Fehlentwicklungen von "Jahrzehnten" (peronistischer Regierungen, Anm.) zu korrigieren. Tatsächlich war Macri bei seinem Wahlsieg im Jahr 2015 der erste Rechtspolitiker seit fast einem Jahrhundert, der argentinischer Präsident wurde.

Die Wirtschaftslage in dem immer wieder von Krisen gebeutelten drittgrößten Land Lateinamerikas hat sich im vergangenen Jahr massiv verschlechtert. Ein starker Anstieg der Inflation, der Verfall der Landeswährung Peso und Hilfsersuchen an den Internationalen Währungsfonds (IWF) weckten jüngst Erinnerungen an die Krise 2001, als das Finanzsystem des Landes zusammenbrach. Erst Ende September zeigte eine Statistik, dass aktuell 35 Prozent der Argentinier unter der Armutsgrenze leben - ein Anstieg um acht Prozentpunkte innerhalb nur eines Jahres.

Der Amtsinhaber steht nicht nur wegen der verheerenden Wirtschaftsdaten auf verlorenem Posten, es fehlt ihm auch jegliches politisches "Momentum". Macris Wahlniederlage gilt als ausgemacht, seit er im August die landesweite Vorwahl überraschend deutlich gegen den Oppositionskandidaten Fernandez verloren hat. Die eigentlich der Auswahl der Kandidaten dienende Vorwahl war nämlich diesmal eine Generalprobe für die Präsidentenwahl, weil die Parteibündnisse schon mit ihren fertigen Tickets antraten.

Fernandez setzte sich bei der Vorwahl, an der knapp 25 der 34 Millionen Stimmbürger teilnahmen, mit 47,8 zu 31,8 Prozent gegen Macri durch, Ex-Wirtschaftsminister Robert Lavagna erreichte als Drittplatzierter 8,1 Prozent, von den restlichen sieben Kandidaten kam keiner über drei Prozent der Stimmen.

Der Vorwahlerfolg ließ Fernandez in den Umfragen noch weiter steigen, mit Werten zwischen 48 und 55 Prozent, während Macri bei 28 bis 35 Prozent stagniert. Alles andere als ein Wahlsieg Fernandez' bereits im ersten Wahlgang wäre eine große Überraschung. Erforderlich dafür sind 45 Prozent der Stimmen oder 40 Prozent bei einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten auf den zweitplatzierten Kandidaten.

Neben wirtschafts- und sozialpolitischen Akzenten wird von Fernandez auch eine außenpolitische Kursänderung erwartet. Während sich Macri in der Venezuela-Krise klar auf die Seite der Opposition stellte, kritisiert Fernandez dies als Einmischung. "Ich hoffe, dass kein argentinischer Soldat auf venezolanischem Boden sterben wird", sagte der Oppositionskandidat in Richtung des konservativen Amtsinhabers. Fernandez dürfte auch die Annäherung des zweitgrößten südamerikanischen Landes an Russland und China suchen, während Macri eher als USA-freundlich galt. 2015 hatte er sich bei der Wahl knapp gegen den favorisierten peronistischen Gouverneur von Buenos Aires, David Scioli, durchgesetzt.

Neben dem Präsidenten werden am Sonntag auch die beiden Parlamentskammern, das Abgeordnetenhaus und der Senat, teilweise gewählt. Erstmals sind auch 16-Jährige wahlberechtigt, doch gilt die Wahlpflicht nur für Wähler im Alter von 18 bis 70 Jahren.

(APA)

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