Die Kabalen in der SPÖ spitzen die allgemeine Krise von Traditionsparteien zu.
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Philipp Maderthaner, 38, gilt als das mastermind hinter den Erfolgen von Sebastian Kurz. Kürzlich hat er im „Spiegel“ das Ende traditioneller Parteiapparate diagnostiziert. Zumindest in Wahlbewegungen: „Um erfolgreich zu sein, müssen die drei großen C stimmen: Candidate, Cause und Campaign.“ - Kandidat, Anliegen und Strategie der Kampagne.
Bekanntestes Beispiel der jüngsten Zeit: Frankreich Emmanuel Macron: Er hat binnen dreier Jahre eine neue linksliberale Bewegung aus dem Boden gestampft und damit einen triumphalen Wahlsieg gegen traditionelle Rechts- und Linksparteien errungen. Vorher hat er sich „rechtzeitig“ aus der Sozialdemokratie verabschiedet, die in Cliquenkämpfe versunken war und es bis heute – nahe der Zehnprozent-Marke – ist. Nun ist er neben Angela Merkel eine der beiden Stabilitätssäulen der EU.
Ein wesentlicher Unterschied zu Sebastian Kurz, dessen Crew immer wieder Anleihen bei Macron sucht, wenn auch leider nicht bei dessen entschlossener Abgrenzung zum Rechtspopulismus. Macron hat seine fast messianische Kampagne immer wieder auch ideologisch untermauert, extrem proeuropäisch, auch als internationaler Kämpfer für Menschenrechte präsent. Im Vergleich dazu bleibt das Profil des österreichischen Bald- Wieder-Kanzlers blass. Aber der Erfolg verbindet beide, nicht exakt der Weg dorthin: Kurz hat „seine“ Bewegung aus einer Partei heraus geschaffen, er hat die ÖVP erobert, ohne mit ihr brechen zu müssen. War auch nicht nötig: sie lag bis zu seinem Antreten bei 20 Prozent, nun liegt sie bei 37. Logisch, dass ihm alle Bünde und Landesorganisationen huldigen, auch wenn sie nicht mit allen Details der früheren Regierungspolitik übereinstimmten und über seinen Partner die Nase rümpften. Es gibt eben nichts Überzeugenderes als Erfolge. So lange Kurz diese der ÖVP zu garantieren scheint, wird er dort unbestritten bleiben. Und auch vielen Wählern als Heilsbringer erscheinen, die „alte Tante“ ÖVP hat das in den vergangenen Jahrzehnten bis 2016 nie geschafft.
Die SPÖ als zweite traditionelle Staats-, Volks- und Großpartei befindet sich in einer ähnlichen Krise wie die ÖVP zwischen 1966 und 2016, nur verläuft die rasanter und radikaler: ihre Mitgliederzahlen (einst 700.000) schrumpften auf derzeit 150.000, ebenso ihre einst stolzen Vorfeld- und Nebenorganisationen.