USA

Feuerpause im Opium-Krieg

Aufgrund der Opioid-Krise in den USA rief Präsident Donald Trump im Jahr 2017 den Gesundheitsnotstand aus.
Aufgrund der Opioid-Krise in den USA rief Präsident Donald Trump im Jahr 2017 den Gesundheitsnotstand aus. (c) imago images / ZUMA Press (Erik McGregor)
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Zunächst hatte es so ausgehen, als ob es in der amerikanischen Opioid-Krise zu einem richtungsweisenden Prozess gegen die Arzneimittelbranche kommt. Dem ist nun nicht so.

Wien. Kranken ihren Leidensweg erleichtern. Das ist der Sinn von Schmerzmitteln. Doch was tun, wenn diese Medikamente plötzlich auch nach harmlosen Unfällen verschrieben werden oder leicht über den Schwarzmarkt erhältlich sind? So geschehen in den USA – und zwar über Jahre hinweg.

Für die Amerikaner hat sich dies zu einem gravierenden und landesweiten Problem entwickelt. Denn viele Menschen wurden abhängig von diesen Pillen, den Opioiden. Fast 400.000 Bürger fanden zwischen 1999 und 2017 den Tod. Die Pharmaunternehmen sind nicht unschuldig an der Misere, wegen der US-Präsident Donald Trump im Jahr 2017 sogar den Gesundheitsnotstand ausgerufen hat.

Die Betroffenen oder ihre Angehörigen gingen deshalb vor Gericht. Vier Arzneimittelhersteller haben nun wegen ihrer Rolle in der sogenannten Opioid-Krise einen wichtigen Vergleich mit zwei Bezirken des US-Bundesstaats Ohio erzielt. Der israelische Pharmakonzern Teva sowie die Pharmahändler McKesson, AmerisourceBergen und Cardinal Health müssen in Summe 260 Mio. Dollar zahlen.

Kleingeld für die Unternehmen, wie die Finanznachrichtenagentur Bloomberg schreibt, aber ein dringend benötigter Betrag für die Bezirke Summit und Cuyahoga, um die Abhängigkeit ihrer Einwohner oder die Auswirkungen von deren Sucht zu lindern. Teva stellt über einen Zeitraum von drei Jahren nicht nur 20 Mio. Dollar in bar bereit, sondern wird auch Suboxone, ein Substitutionsmittel, im Wert von 25 Mio. Dollar liefern. In ihrer Präsentation für das zweite Quartal führen die Israelis bereits Kosten von 646 Mio. Dollar für Vergleichsverfahren, vor allem im Zusammenhang mit Opioiden, an.

Firmen verharmlosten Medikament

Mit dem Vergleich wurde vorerst ein bundesweiter Prozess, der am Montag in Cleveland (Ohio) hätte beginnen sollen, abgewendet. Bei diesem ging es um in Summe 48 Mrd. Dollar. Weitere Rechtsstreitigkeiten sind mit dem nun erzielten Vergleich jedenfalls nicht aus dem Weg geräumt. Denn nach wie vor sind Klagen von Bezirken, Städten und Bundesstaaten anhängig.

Den Unternehmen wird vorgeworfen, die Opioid-Krise in den USA hervorgerufen zu haben, indem die Risken süchtig machender Schmerzmittel bei längerem Gebrauch verharmlost und das massenhafte Verschreiben der Opioide befeuert wurden.

Mehrere Schmerzmittel-Hersteller haben in den vergangenen Wochen zudem separate Vereinbarungen mit Klägern getroffen. Etwa das Pharmaunternehmen Johnson & Johnson. Es wurde im August im Bundesstaat Oklahoma zur Zahlung von 572 Mio. Dollar verurteilt, wobei der Konzern damals ankündigte, in Berufung zu gehen. „Der Anstieg von Abhängigen und Gestorbenen nach dem Anstieg der Verkäufe von Opioiden in Oklahoma ist kein Zufall“, hieß es in dem Urteil. Auch Teva musste eine Millionenzahlung leisten. Der Oxycontin-Hersteller Purdue Pharma wiederum hatte im selben Bundesstaat ebenfalls einer Vergleichszahlung zugestimmt. Purdue steht im Zentrum der Krise in den USA. Erst im September beantragte die Firma Gläubigerschutz nach Chapter 11.

Angaben des US-Instituts für Drogenmissbrauch zufolge verwendet ein Viertel der Patienten Opioide bald nach Verschreibung nicht mehr im vorgesehenen Ausmaß. Zwischen acht und zwölf Prozent entwickeln eine schwere Abhängigkeit, vier bis sechs Prozent werden heroinsüchtig. (ag./nst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2019)

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