Die Polizei nahm den Lenker des Lastwagens, einen Nordiren, fest. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas wieder passiert", sagt Gerald Tatzgern vom Bundeskriminalamt in Wien.
Die britische Polizei hat 39 Leichen in einem Lastwagen in einem Industriegebiet östlich von London entdeckt. Der 25-jährige Fahrer aus Nordirland sei wegen Mordverdachts festgenommen worden, teilten die Ermittler am Mittwoch mit. Alle Opfer, 38 Erwachsene und ein Teenager, waren beim Eintreffen der Einsatzkräfte bereits tot.
Spurensicherer in Schutzanzügen untersuchten Ermittler den großen weißen Container und das rote Fahrerhaus des Lastwagens, der im Industriegebiet Waterglade in Grays, das etwa 30 Kilometer vom Zentrum Londons entfernt nahe der Themse liegt, gefunden wurde. „Wir sind gerade dabei, die Leichen zu identifizieren, berichtete ein Polizei-Sprecher. „Das kann aber länger dauern.“
Die Ermittler gehen davon aus, dass der Lastwagen in Bulgarien gestartet ist und am Samstag über Holyhead in Großbritannien ankam. In der Hafenstadt im Norden von Wales legen vor allem Fähren aus Irland an. Laut „Daily Mail“ warnten britische Behörden vergangenes Jahr, dass die irische Grenze eine „Schwachstelle" sei: Flüchtlinge würden von Frankreich zuerst nach Irland und später über Wales nach Großbritannien transportiert.
Die irischen Behörden wollen nun prüfen, ob der Lastwagen tatsächlich Irland passiert hat. Das bulgarische Außenministerium erklärte, es könne zunächst nicht bestätigen, dass der Lastwagen seine Reise in Bulgarien begonnen habe.
Verbindungen zu Österreich-Ermittlungen?
Premierminister Boris Johnson zeigte sich auf Twitter entsetzt und erklärte, das Innenministerium arbeite eng mit der Polizei von Essex zusammen. "Meine Gedanken sind bei all denen, die ihr Leben und ihre Lieben verloren haben."
Der Fall weckt Erinnerungen an die 71 Flüchtlinge, die im August 2015 an der A4 (Ostautobahn) bei Parndorf im Burgenland erstickt in einem Kühl-Lkw gefunden wurden. Ums Leben gekommen waren die Geschleppten auf ungarischem Staatsgebiet. Beim Prozess gegen insgesamt 14 Angeklagte in der südungarischen Stadt Kecskemet wurden die vier Hauptangeklagten zunächst zu 25 Jahren, im Berufungsverfahren zu lebenslanger Haft verurteilt.
"Ich habe es befürchtet, es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas wieder passiert", sagte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels im Bundeskriminalamt. Ermittler registrierten derzeit viele Schleppungen in Containern.
Unklar war zunächst, ob der nun aufgeflogene Fall mit aktuellen Ermittlungen zu tun hat, die gemeinsam von österreichischen, britischen und bulgarischen Ermittlern sowie Europol geführt werden. Nach einem Aufgriff von Flüchtlingen, die über die sogenannte Balkanroute gekommen waren und nach Großbritannien wollten, initiierten die britischen Behörden eine Kooperation mit ihren Kollegen in Österreich und Bulgarien. Konkret geht es um eine Schleppergruppe, die über die "Balkanroute" Menschen bis nach Großbritannien schmuggeln soll.
(APA/Reuters/red.)