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Glashütte: Vom Bauerndorf zur Uhrenstadt

„Lange 1“. Langes Urenkel Walter baute den von der DDR-Regierung enteigneten Betrieb nach der Wende 1990 wieder auf. Die Marke A. Lange & Söhne ist vor allem für ihre 1994 vorgestellte „Lange 1“ weltbekannt.
„Lange 1“. Langes Urenkel Walter baute den von der DDR-Regierung enteigneten Betrieb nach der Wende 1990 wieder auf. Die Marke A. Lange & Söhne ist vor allem für ihre 1994 vorgestellte „Lange 1“ weltbekannt.(c) Beigestellt
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Im 7000-Seelen-Ort Glashütte in Sachsen werden die besten Uhren Deutschlands hergestellt. Eine Zeitreise.

Wie kam es dazu, dass der Name eines versteckten Ortes im Osten Deutschlands jedem Uhrenkenner ein Begriff ist? Wie konnte der Zifferblattaufdruck „Glashütte i/Sa" zum weltweit anerkannten Qualitätssiegel für Luxusuhren werden? Und wieso sitzen hier zehn Uhrenmarken, von denen gleich mehrere ihre Werke selbst entwickeln und sogar die meisten Komponenten im eigenen Haus fertigen?

Eine kurze Stadtgeschichte. Das ehemalige Bauerndorf Glashütte erhielt 1506 das Stadtrecht, nachdem einige Jahre Silbererz gefunden worden war und der Abbau zu einem wirtschaftlichen Aufschwung geführt hatte. Anfang des 19. Jahrhunderts war das Erzvorkommen jedoch erschöpft, und die Arbeitslosigkeit nahm zu. Als der Uhrmachermeister Ferdinand Adolph Lange vom Aufruf der sächsischen Regierung hörte, Unternehmen im Erzgebirge anzusiedeln, entwickelte er den Plan, dort eine Uhrenindustrie nach Schweizer Vorbild zu etablieren. Lange wollte zunächst 15 Jugendliche ausbilden; um diese später am Ort zu halten, sollten sie aus der Region stammen.

Ferdinand Adolph Lange. Begründer der Glashütter Uhrenindustrie.
Ferdinand Adolph Lange. Begründer der Glashütter Uhrenindustrie.(c) Beigestellt

Das sächsische Ministerium des Inneren wählte Glashütte als Standort für diesen folgenschweren Plan aus, den Lange ab 1845 in die Tat umsetzte und der den Anfang für alle weiteren Entwicklungen bildete. Zu den ersten Uhrenmarken, die sich nach Lange in Glashütte ansiedelten, gehörten Moritz Großmann, Robert Mühle und die Uhrenfabrik Union; zahlreiche weitere folgten. Nachdem in der Folge des Ersten Weltkriegs und der Weltwirtschaftskrise einige Firmen schließen mussten, bauten die restlichen Unternehmen während des Zweiten Weltkriegs vor allem Zünder und Taschen- sowie Armbanduhren für das Militär. Ab 1951 wurden die verbliebenen Glashütter Uhrenfirmen verstaatlicht und im Volkseigenen Betrieb Glashütter Uhrenbetriebe (VEB GUB) zusammengefasst.

Sternwarte Wempe. Juwelier Wempe hat in den 2000er-Jahren die Glashütter Sternwarte renoviert. Heute werden dort einerseits Wempe-Uhren gebaut, andererseits Uhren von Dritten als deutsche Chronometer zertifiziert.
Sternwarte Wempe. Juwelier Wempe hat in den 2000er-Jahren die Glashütter Sternwarte renoviert. Heute werden dort einerseits Wempe-Uhren gebaut, andererseits Uhren von Dritten als deutsche Chronometer zertifiziert.(c) Beigestellt

Wiedervereinigung und Blütezeit. Nach der Wiedervereinigung im Jahr 1990 kam es zu einer Blüte Glashüttes als Uhrenstadt. Die Uhrenbetriebe wurden privatisiert, und ab 1994 fertigte das Nachfolgeunternehmen des VEB GUB die ersten Uhren unter dem Namen „Glashütte Original". Im Herbst desselben Jahres stellte die wiedergegründete Marke A. Lange & Söhne mit technischer Unterstützung der Schwestermarke IWC ihre ersten Uhren vor, darunter die heutige Ikone „Lange 1". Mühle-Glashütte wurde von Robert Mühles Urenkel Hans-Jürgen Mühle neu gegründet und Nomos neu ins Leben gerufen – mit einem Namen, den es schon in den 1920er-Jahren gegeben hatte. Auch die Hamburger Juwelierkette Wempe baut heute Uhren in Glashütte, und Tutima ist ebenfalls in die ehemalige Heimat zurückgekehrt. Mit Union Glashütte, Bruno Söhnle, B. Junge & Söhne und C.H. Wolf kommt der 7000-Seelen-Ort Glashütte heute auf stolze zehn Uhrenmarken, die dank einer über 50-prozentigen Wertschöpfung an den teilweise zugelieferten Uhrwerken zur Zifferblattaufschrift „Glashütte i/Sa" berechtigt sind.

Nomos „Tangente“. Nomos hat als erste Marke ein reduziertes Uhrendesign wiederbelebt, das vor dem Zweiten Weltkrieg von mehreren Herstellern verwendet worden war. Die Tangente ist heute eine erschwingliche Ikone.
Nomos „Tangente“. Nomos hat als erste Marke ein reduziertes Uhrendesign wiederbelebt, das vor dem Zweiten Weltkrieg von mehreren Herstellern verwendet worden war. Die Tangente ist heute eine erschwingliche Ikone.(c) Beigestellt
Glashütte Original „Sixties“: Glashütte Original ist die Nachfolgefirma der Glashütter Uhrenbetriebe, in denen während der DDR-Zeit die Glashütter Uhrenfirmen zusammengefasst waren. Die „Sixties“ lehnt sich an ein „Spezimatic“-Modell an, das GUB in den 1960ern gebaut hat.
Glashütte Original „Sixties“: Glashütte Original ist die Nachfolgefirma der Glashütter Uhrenbetriebe, in denen während der DDR-Zeit die Glashütter Uhrenfirmen zusammengefasst waren. Die „Sixties“ lehnt sich an ein „Spezimatic“-Modell an, das GUB in den 1960ern gebaut hat.(c) Beigestellt

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