Ostalgie. Nachbau einer Plattenbau-Wohnung im DDR-Museum.
Ostalgie

DDR-Museum: Durch Raum und Zeit

Eine Zeitreise in die Neunzigerjahre unternimmt eine Sonderausstellung des DDR-Museums.

„Berlin ist heute nicht mehr arm; ob es noch sexy ist, müssen andere sagen", sagt Sören Marotz, Historiker und Kurator des DDR-Museums, indem er ein bekanntes Wort des Langzeitbürgermeisters Klaus Wowereit zitiert. Die von Marotz mitkuratierte Ausstellung „Berlin Nineties", die in der Alten Münze im Bezirk Mitte zu sehen ist, blickt jedoch zurück in jene Zeit, die, unmittelbar nach der „Wende", diesen Ruf begründete.

So kommen in einer Multikanal-Videoinstallation einige Zeitzeugen zu Wort, die verschiedene Aspekte des Berliner Stadtlebens aus jenen Jahren beschreiben – zum Teil aus einer sehr persönlichen Sicht. Beleuchtet wird zum Beispiel die Haus- und Wohnungsbesetzerszene im Westen wie im Osten der Stadt, die aus sehr unterschiedlichen Motiven handelte – einmal politisiert, einmal eher pragmatisch Leerstände okkupierend und dabei Gesetzeslücken ausnutzend.

„Wir haben bei der Vorbereitung der Ausstellung versucht, für bestimmte Szenen und Themenkomplexe repräsentative Personen zu identifizieren", sagt Marotz. Zum Thema der Sexiness, oder zumindest der allgemeinen Beschwingtheit, passen etwa die Interviews mit Danielle de Picciotto, die akkurat 1989 die Loveparade mitbegründete, oder Maximilian Lenz (DJ Westbam), einem Aushängeschild der Berliner Technoszene in den Neunzigerjahren. Die lebendige Clubszene in Berlin war in den Neunzigerjahren ja mitentscheidend für die Vitalität und Attraktivität der Stadt, gerade auch in kreativen und Künstlerkreisen. „Berlin war immer eine Weltstadt gewesen und bis 1945 eine der meistindustrialisierten Städte der Welt", sagt Kurator Marotz. „Diese Rolle wurde ersetzt von dem, was wir in ,Berlin Nineties‘ umreißen."

Wendejahr. Das Ende der DDR steht im ­Fokus einer neuen Ausstellung.
Wendejahr. Das Ende der DDR steht im ­Fokus einer neuen Ausstellung.(c) DDR Museum

Augenmerk für ernste Themen. Die Ausstellung in der Alten Münze ist ein Nebenschauplatz des DDR-Museums und thematisiert als solcher rückblickend auch ernste Seiten der Geschichte. Ein Raum ist der Berliner Mauer gewidmet, und hier besonders jenen 140 Menschen, die zwischen 1961 und 1989 entlang des Mauerstreifens gestorben sind – ob von Grenzwachen getötet oder bei Fluchtversuchen etwa ertrunken oder in den Tod gestürzt. Man habe zwar versucht, eine für das Publikum attraktive und unterhaltsame Ausstellung zusammenzustellen, dabei aber keineswegs eine „historisierende rosa Brille" aufgesetzt, betont Sören Marotz bei der Beschreibung der Intention von „Berlin Nineties".

Einen noch präziser gefassten Zeitraum, der zwischen zwei markanten Eckdaten angesiedelt ist, beleuchtet indessen die nächste Sonderausstellung des DDR-Museums selbst. Das letzte Jahr der DDR als ein „Aufbruch ins Ungewisse" steht hier im Mittelpunkt, und zwar genau zwischen dem Tag des Mauerfalls, am 9. November 1989, und der Wiedervereinigung Deutschlands am 3.  Oktober 1990. Hier möchte man, wie angekündigt wird, einige „Fossile" der sozialistischen DDR vorführen.

Tipp

„Letztes Jahr DDR – Aufbruch ins Ungewisse". Ab 28. 11. im DDR-Museum in Berlin, www.ddr-museum.de. „Nineties Berlin" in der Alten Münze, nineties.Berlin

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