Comic

Asterix im Wildschweinesystem

"Die Tochter des Vercingetorix"
"Die Tochter des Vercingetorix"2019 LES EDITIONS ALBERT RENE
  • Drucken

„Die Jugend ist ein schwieriges Alter“, sagt Druide Miraculix in „Die Tochter des Vercingetorix“. Viel geistreicher wird es nicht im 38. „Asterix“-Band. Die Namen nerven.

„Auvee!“ ruft Cäsar, als ihm der – wie der „Asterix“-Leser weiß, 52 v. Chr. bei Alesia besiegte – Arvernerfürst Vercingetorix die Waffen vor die Füße schmeißt: Diese Szene, die nun auch in „Die Tochter des Vercingetorix“ (in sepiabrauner Rückblende) vorkommt, kennen wir aus so manchem „Asterix“-Band, der französische Historienmaler Lionel Royer malte sie 1899. Damals wurde das als Anspielung auf den Deutsch-Französischen Krieg verstanden, wie später die „Asterix“-Comics – erstmals 1959 erschienen – oft als Parabel für die französische Résistance gegen die NS-Invasoren interpretiert wurden.

Für wen steht Vercingetorix?

Nun hat Vercingetorix also eine uneheliche Tochter: „Der Generalischimusch war schehr diskret, wasch schein Privatleben anging“, nuschelt ein Arverner – soll das auf Mitterrand anspielen? Oder auf Chirac? Beide waren für ihr unstetes Liebesleben bekannt, aber General war nur De Gaulle . . .

Genug zu den persönlich-politischen Deutungsmöglichkeiten, erwähnt sei gerade noch, dass die Arverner, die sich um die Tochter des Vercingetorix kümmern müssen, sich zur APO bekennen, was als „Arverner Proben Opposition“ übersetzt wird. Das Motiv wird nicht weiter verfolgt, es geht atmosphärisch weniger um die radikale Linke der 1970er-Jahre als um die sanft rebellische Jugend der 2010er-Jahre.

Aspix, der Sohn des Fischhändlers Verleihnix, sagt zwar trotzig: „Hinkelstein und Zaubertrank sind die Stützen des Wildschweinesystems“, aber die gallische Dorfjugend ist eher freitäglich friedlich. Sie mag Troubadix, weil er „echt schräge Musik“ macht, und verabscheut gedankenloses Konsumieren (auch von Wildschweinen, was Obelix gar nicht freut) und verantwortungslosen Umgang mit Müll.

In diesen Belangen ist die Dorfjugend ganz d'accord mit Vercingetorix-Tochter Adrenaline, die – wie einst in „Asterix in Spanien“ der bissige Pepe – im gallischen Dorf in Verwahrung ist, weil Cäsar vorhat, sie zu entführen und zur Römerin umzuerziehen, da sei Teutates vor. Adrenaline will lieber mit anderen elternlosen Kindern auf die Insel Thule ziehen, doch dieser Wunsch – Achtung, Spoiler! – geht nur halb in Erfüllung. Einstweilen macht sie Zwischenstation auf dem Schiff der Piraten und verliebt sich in einen jungen Kapitän namens Letitbix, der Zeilen aus John Lennons „Imagine“ zitiert, die Kampfmoral untergräbt und am liebsten Blumen transportiert. Sie selbst trägt Zopf, liebt „gotische Klamotten“, sagt „Immer dieselbe Lyra“ und kann fast so wütend dreinschauen wie Greta Thunberg.

„Die Jugend ist ein schwieriges Alter“, resümiert Miraculix, während Obelix sich zwar darüber ärgert, dass die jungen Leute ihn salopp „Dicker“ nennen, aber darauf besteht, dass er selbst noch ein Jugendlicher ist. Doch sonderlich geistreich wird das Generalthema nicht ausgeführt; die Bildungszitate wirken eher beliebig („Ex malo bonum“ sagt ein Pirat – nicht der mit dem Sprachfehler! – diesmal); das Nuscheln der Arverner nervt; und trügt der Eindruck, dass die Namen (z. B. Ludwikamadeus für einen gotischen Trommler) zumindest in der deutschen Version immer blöder werden?

Beim Bankett am Ende weiß man nicht, ob die Jugendlichen den armen Troubadix fesseln oder entfesseln, sonst bleibt nicht viel zum Grübeln vom 38. „Asterix“-Band.

„Die Tochter des Vercingetorix“, der 38. „Asterix“-Band, ist am 24. Oktober in über 30 Ländern erschienen. Getextet hat ihn Jean-Yves Ferri, gezeichnet Didier Conrad.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.10.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.