Am Donnerstag hielt Draghi seine letzte Zinssitzung ab (im Bild eine Pressekonfernez vergangenen Jänner). Ab November übernimmt Christine Lagarde.
Rückblick

Was von Mario Draghi bleibt

Der Chef der Europäischen Zentralbank scheidet nach acht Jahren im Amt aus. Die Bilanz ist zwiespältig: Draghi hat zwar die Eurokrise gemeistert, uns aber das Problem Negativzinsen hinterlassen.

Als Mario Draghi seinen Job als Chef der Europäischen Zentralbank antrat, tat man sich schwer, ihn einzuordnen. Seine fachliche Eignung stand außer Streit, aber seine italienische Herkunft und seine frühere Tätigkeit für die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs missfiel so manchen. Ob er sich als strikter oder laxer Inflationsbekämpfer erweisen würde – auch das wusste man nicht.

Nun steht Draghi vor dem Ende seiner Amtszeit. Am Donnerstag absolvierte er seine letzte Zinssitzung, bei der es zu keinen neuen geldpolitischen Weichenstellungen mehr kam. Im November wird dem Römer die frühere Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, folgen. Über Draghi lässt sich heute, acht Jahre später, ein Resümee ziehen: Die Vorbehalte gegen den 72-Jährigen waren unberechtigt. Die spätere Kritik an ihm nicht. Der Zentralbankchef wird, wie es Raiffeisen-Chefökonom Peter Brezinschek in einem Interview formuliert, zwar als „Meister der Krise“ in die Geschichte eingehen, aber auch als „Meister der vergebenen Möglichkeiten“.

Eurokrise gut gemeistert

Draghi übernahm die EZB mitten in der Eurokrise. Die Währungsunion stand vor einer Rezession, das hoch verschuldete Griechenland hielt Politiker wochen- und nächtelang in Atem. Ohne Hilfskredite und einen Schuldenschnitt wäre der Staat nicht mehr überlebensfähig gewesen – allen Sparpaketen zum Trotz. Damals ging die Angst vor einem Domino-Effekt um – davor, dass nicht nur Länder wie Portugal oder Irland mitgerissen würden, sondern auch das weitaus größere Italien. Denn die Zinsen, die die Staaten für ihre Schulden an den Finanzmärkten bezahlen mussten, waren enorm. Nicht viel weniger als die Reputation der Eurozone, ja des Euro, stand auf dem Spiel.

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