Hausgeschichte

Korneuburg: Omas Haus in neuer Form

Das Haus von der Gartenseite aus gesehen.
Das Haus von der Gartenseite aus gesehen.(c) DIMO DIMOV
  • Drucken

Sabine und Sebastian Schmid kombinierten beim Umbau eines historischen Hauses in Korneuburg Alt mit Neu – und schöne Erinnerungen mit zeitgemäßem Komfort.

Garten und Terrasse sind noch nicht fertig, die Sauna nicht eingebaut, der Keller ist in Arbeit und die Einrichtung nicht komplett. Ob Amateur am Werk oder Profi: Es ist immer noch etwas zu tun. Das stellten auch Sebastian und Sabine Schmid beim Umbau des Hauses von Sabines Großeltern fest, das Sebastian als Architekt mit doch einiger Erfahrung anging. Nach einjähriger Bauzeit ist das Paar im Mai von Wien nach Korneuburg gezogen, und werkt in der Freizeit munter – manchmal auch ein wenig melancholisch - weiter. "Die Bauzeit war auch ein Abschiednehmen", erzählt Sabine, die mit dem Haus viele schöne Erinnerungen an ihre Kindheit und ihre Großeltern verbindet. "Als wir den ursprünglichen Anbau abgetragen haben, war das schon brutal."

Vieles ist geblieben – zum Teil ungeplant, wie etwa die Terrazzofliesen beim Eingang. "Die wollten wir austauschen, gegen etwas Zeitgemäßes", erzählt Sebastian Schmid. Als zeitgemäß empfohen wurde Terrazzo. "Also haben wir die alten gleich gelassen". Auch die Waschbetonplatten im Garten hat der Retro-Trend gerettet. Vorerst jedenfalls. "Der Gartenexperte hat uns erklärt, dass die mittige Anordnung der Gartenbeete samt Weg bis zum Gartentor nur noch selten zu sehen ist, ein Erbe der ersten Bewohner quasi", erzählt Sabine.

Originales Retro

Das Haus wurde 1910 erbaut (diese Jahreszahl schrieb der Glaser damals auf den Fensterrahmen, was beim Umbau zutage kam), und 1967 von Sabines Großeltern gekauft. "Das war eine große Investition damals, sie hatten lange gespart und den Garten voller Obst und Gemüse dann auch zur Versorgung genutzt.“ Später wurde das Haus geringfügig um Wohnküche und Bad ergänzt, der Dachboden als "Kinderspielzone" ausgebaut. Als die Großeltern vor drei Jahren verstarben, war klar, dass das Haus erhalten werden sollte. Allerdings behutsam: "Wir wollten die Erinnerung ja nicht abreißen. Aber auch kein Museum daraus machen".

»Wir wollten die Erinnerung nicht abreißen. Aber auch kein Museum daraus machen«

Sabine Schmid

So befinden sich im ursprünglichen Trakt an der Straße zwei schmale Zimmer mit geerbtem Piano, 50er-Jahre Stilmöbel, kombiniert mit wilder "Madagaskar"-Tapete, sowie ein moderner großer Schlafraum. Von dort geht es in das neue Bad im Bassena-Stil mit Blick auf den Garten. Die ursprünglich hier verwendete Wandfarbe, ein Petrol-Ton, wurde für den unteren Teil des Raums wieder neu gemixt. Der Anbau Richtung Garten wurde völlig neu gestaltet und mit der unteren Etage verbunden, hier entstanden die Küche und der Essbereich, der mit selbst gebautem Esstisch aus Siebdruckplatten Gartenblick durch eine zweigeschoßige Fensterfläche bietet.

Eine Betontreppe führt in die untere Etage, vorbei an der kleinen Terrasse zum Wohnraum mit Blick auf die große Terrasse. "Meine Oma musste mit der Wäsche immer durch den Garten in den Waschkeller, wir gehen jetzt bequem durch das Wohnzimmer", bemerkt Sabine. Die Materialien sind hier – im Gegensatz zum cleanen Eindruck von Küche und oberem Wohn-Ess-Raum – mit Teppich, Sofa und Holz sehr warm-kuschelig gehalten.

Liebevolle Details

So straight und schlicht das Haus auf den ersten Blick auch wirkt, beim zweiten offenbaren sich viele spannende Details. In fast jedem Zimmer steht ein Lautsprecher – für Sebastian gehört Musik zum Leben. Im Wohnraum wurde ein Fenster der ehemaligen Außenwand zur kleinen Bar umfunktioniert. Auch die Wandverkleidung, in die die Bar integriert ist, ist farblich auf die urspünglich hier verwendete Farbe abgestimmt. Im Eingangsbereich – das Haus wird über eine Hofeinfahrt erschlossen – wurde ein Walzenmuster im ursprünglichen Stil neu angebracht.

Ganz neu ist die Fußbodenheizung per Luftwärmepunpe und der Beton, der für den Ergänzungsbau verwendet wurde: 45 cm starker Dämmbeton. "Er benötigt keine zusätzliche Dämmung und ist wiederverwendbar", erklärt Sebastian Schmid. Er wurde nach dem Guß innen aufgeschliffen und – von Sabine Schmid - mit Alepposeife verseift. Nach außen hin verjüngt sich der Beton rund um die große Fensterfläche zum Garten hin auf 25 cm, "damit der Rahmen nicht zu wuchtig ist", erklärt der Architekt.

Bleibt nur eine Frage: Wo ist eigentlich der Stauraum? "Wir haben nicht so viele Dinge", meint Sabine, "Aber bis die Schränke fertig sind, nutzen wir den Dachboden".

Zum Objekt, zum Ort

Das 1910 erbaute Haus wurde 2018/19 renoviert und mit einem Anbau aus Dämmbeton und Glas erweitert. Innen wurden zum Teil ursprüngliche Wandfarben und Muster wiederverwendet. Der Ausbau des Bahnhofs Tullnerfeld und die hohen Wohnungspreise in Wien machen Korneuburg zum zunehmend beliebten Wohnort. Einfamilienhäuser kosten im Bezirk Korneuburg zwischen 798,7 und 2584 Euro/m2, Reihenhäuser zwischen 959 und 2386,67 Euro/m2.
Sebastian Schmid ist als Architekt tätig: www.hoffelnerschmid.com.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Hausgeschichte

Das magische „Ausnahmehäusl“ von Pyhra

Ursprünglich wollte Josef Gerstl sein Geburtshaus in Pyhra in Niederösterreich abreißen. Doch das 450 Jahre alte Gemäuer wurde zu einem Ferienhaus der besonderen Art.
Der neue Altar aus Epoxitharz nimmt das Licht auf, bricht es und gibt es weiter.
Dominikanerkirche

Wiens erste frühbarocke Kirche erstrahlt in neuem Glanz

Nach der Renovierung: Wie aus dem „dunklen, dreckigen Ort“ eine „bildgewordene Theologie“ wurde.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.