Skimarken-Streit

Die Angst vor einer „Bosman-Klage“

Katharina Liensberger bereitet ÖSV und Austria Ski Pool mit Schuh-Wünschen Ärger. Rossignol kann ohne die Tirolerin „leben“, Kästle wurde gekündigt.

Sölden. Rossignol sieht bezüglich des Materialstreits um Katharina Liensberger keinen Verhandlungsspielraum. „Die Entscheidung liegt bei ihr. Es wird aber nicht verhandelt. Wir können auch ohne Liensberger leben“, stellt Rennservice-Direktor Stephane Mougin vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden klar. Es wurde sehr viel Porzellan zerschlagen, bis 15. November hätte die talentierte Vorarlbergerin sogar noch Zeit gehabt zu unterschreiben. Sie tat es nicht.

Liensberger hatte Langzeit-Ausrüster Rossignol im Frühjahr überraschend den Rücken gekehrt und war zu Kästle gewechselt. Der in Hohenems beheimatete Skihersteller ist seit heuer und nach 22 Jahren wieder Mitglied im Austria Ski Pool (ASP), hat aber selbst keine Skischuhe im Repertoire. Liensberger würde am liebsten weiter Schuhe der zu Rossignol gehörenden Marke Lange verwenden. Rossignol besteht aber auf eine Komplett-Rückkehr der Österreicherin sowie einem Zweijahres-Vertrag.

Die Technik-Spezialistin, 22, will aber höchstens für die kommende Saison unterschreiben. „Das kommt nicht infrage. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich ihr Ski gebe und wir mit ihr neues Material entwickeln und in fünf Monaten ist sie dann wieder weg“, lässt Mougin seinen Sorgen freien Lauf. Der Verlust von aktuellem Ski-Know-how sei unbezahlbar.

Keine freie Wahl der Marken?

Den Weltcupstart am Samstag wird Liensberger verpassen, dafür hätte die Weltranglisten-Zwölfte im Riesentorlauf das Offert ja unterschreiben müssen. Ob der Querelen im Vorfeld und ihrem Trainingsrückstand wäre die 22-Jährige in Sölden vermutlich ohnehin nicht gefahren, hieß es zuletzt in Tirol. Rund um den Markenstreit fallen in der Zwischenzeit Themen wie Verbandswechsel oder eine Art „Bosman-Klage“, weil keine freie Markenwahl ermöglicht wird.

Für den ÖSV, stets bedacht auf Partner und Verträge, ist das ein eher unerwünschtes Szenario. Der Austria Ski Pool hat aufgrund der aktuellen Entwicklung rund um Liensberger den vierjährigen Ausrüster-Vertrag mit Kästle, einst Pool-Gründungsmitglied, vorsorglich per Ende April 2021 gekündigt. „Vorarlberger Rennski sind offenbar seitens des Austria Ski Pool für ÖSV-Athleten nicht mehr erwünscht, das bedauern wir sehr“, erklärt Kästle-Unternehmenssprecher Philipp Giselbrecht.

Rossignol ist der älteste Skihersteller (seit 1907) und gehört dem norwegischen Investmentunternehmen Altor. Weitere Marken sind Dynastar, Lange, Look, dazu einige Fahrradmarken. In Sölden stellte der Ausrüster den Norweger Henrik Kristoffersen als großen Favoriten und Ski-Testimonial vor. Sein Vertrag wurde bis 2022 verlängert. Auch Michael Matt, Frida Hansdotter oder Christof Innerhofer fahren für die Franzosen. Rossignol bezeichnet seine Fahrer als „Band of Heroes“. Katharina Liensberger zählt nicht dazu. (fin)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.10.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltcupauftakt

Dezimierte ÖSV-Damen wollen in Sölden überraschen

Mit Brunner, Veith und Liensberger muss Neo-Chefcoach Mitter drei Topläuferinnen vorgeben. Seine neue Nummer eins ist noch nicht aufs Podest gefahren.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.