Spiel nach Putins Regeln

Zwischen Überlegenheitsgefühlen und Minderwertigkeitskomplexen hin- und hergerissen: Angela Stent und Golineh Atai befassen sich in ihren Büchern mit der Entwicklung Russlands unter Putin und seinem Verhältnis zum Westen.

Wer Gelegenheit hat, heute mit jungen, gebildeten, weltoffenen russischen Leuten über ihr Heimatland zu reden, wird vielfach eine Klage vernehmen: Ihr Präsident, ihr „Woschd“ (Führer) Wladimir Putin, geht vielen von ihnen gewaltig auf die Nerven. Seit fast 20 Jahren schon ist er der starke Mann Russlands. Seit diese Leute politisch sozialisiert wurden, wird ihnen in den staatlich gelenkten Medien Putin stets als gütiger, dozierender, zorniger Übervater, als Hans-Dampf-in-allen-Gassen-der-Welt vorgeführt. Besonders gern lässt er sich in der Propaganda als muskelbepackter Macho präsentieren.

Aber inzwischen ermüden diese Bilder die russische Bevölkerung zusehends, Putins Zustimmungsraten sinken seit Monaten. Das hat vor allem auch mit wachsender Unzufriedenheit über die wirtschaftliche und soziale Situation zu tun: Die Realeinkommen sinken, die Zahl der Armen nimmt wieder zu, die Landflucht ist ungebremst, die Dörfer altern, die Provinzen bluten aus, die Infrastruktur außerhalb der Städte zerfällt. Aber dafür ist Putins Russland wieder eine gefürchtete und respektierte Macht in der Welt. Der Preis dafür war eben, dass die Finanzressourcen nicht in die soziale Fürsorge, in Schulen und Krankenhäuser, in neue Straßen und Stromleitungen, sondern in militärische Aufrüstung und außenpolitische Abenteuer investiert wurden.

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