Nordsyrien

Kurden werfen Türkei Verstöße gegen Feuerpause in Syrien vor

Türkische Streitkräfte hätten drei Dörfer außerhalb der "Sicherheitszone" angegriffen
Türkische Streitkräfte hätten drei Dörfer außerhalb der "Sicherheitszone" angegriffenAPA/AFP/BAKR ALKASEM
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Die Kurden werfen der Türkei Verstöße gegen die Feuerpause in Nordsyrien vor. Es gebe immer noch Zusammenstöße, Türkische Streitkräfte hätten drei Dörfer außerhalb des 30 Kilometer breiten Streifens an der Grenze zur Türkei angegriffen.

Die Kurden werfen der Türkei Verstöße gegen die Feuerpause in Nordsyrien vor. Es gebe immer noch Zusammenstöße, erklärte das von den Kurden geführte Rebellenbündnis SDF am Donnerstag. Obwohl sich die SDF-Einheiten aus dem gesamten Gebiet, das unter die von der Türkei und Russland getroffene Vereinbarung fällt, zurückgezogen hätten, "verletzen der türkische Staat und die mit ihm verbündeten Terror-Fraktionen den Feuerpausen-Prozess noch immer."

Türkische Streitkräfte hätten drei Dörfer außerhalb des 30 Kilometer breiten Streifens an der Grenze zur Türkei angegriffen, in dem die Feuerpause gilt. Tausende Zivilisten hätten fliehen müssen. Das türkische Verteidigungsministerium nahm nicht direkt zu den Vorwürfen Stellung. Es erklärte aber, fünf Militärangehörige seien bei einem Angriff der zur SDF zählenden Kurden-Miliz YPG verletzt worden. Dieser habe sich in der Gegend der Grenzstadt Ras al-Ain ereignet. In der Nähe liegen die von den Kurden genannten drei Dörfer.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hält Kampfhandlungen weiterhin für möglich. "Wenn die Terrororganisation unser Land von diesen Regionen aus weiterhin belästigt, dann werden wir unseren Plan der Offensive auch hier weiterhin durchführen", sagte Erdogan. Damit widersprach er US-Präsident Donald Trump, der zuvor eine dauerhafte Feuerpause seitens der Türkei in Aussicht gestellt hatte.

Erdogan droht mit Fortführung der Offensive

Er drohte weiters, seine Militäroffensive wieder aufzunehmen, sollten sich die Kurden-Kämpfer nicht aus dem Gebiet zurückziehen, in dem er eine sogenannte Sicherheitszone einrichten will. "Wenn ich sage, dass wir die Türen öffnen, werden sie (die EU, Anm.) panisch. Nur keine Panik! Wenn es soweit ist, dann können diese Türen auch geöffnet werden. ... Na los, nehmt ihr auch Hunderttausende auf", wetterte Erdogan.

Zu kritischen Äußerungen im Europaparlament über den türkischen Vormarsch sagte Erdogan, dass "Stimmen, die aus Europa laut werden und durch und durch nach Heuchelei riechen, nicht den geringsten Wert" hätten. Dass sich das Gremium am Donnerstag in einer Resolution mit großer Mehrheit für eine Schutzzone unter Aufsicht der UNO in Nordsyrien ausgesprochen hatte, kommentierte Erdogan nicht. Das EU-Parlament stützte damit einen Vorschlag von Deutschland.

Bei den NATO-Partnern stieß der Plan der deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer allerdings auf verhaltene Reaktionen. Ihr US-Kollege Mark Esper begrüßte die Initiative, will aber keine Truppen beisteuern. Von den europäischen Verbündeten kam bei einem NATO-Verteidigungsministertreffen in Brüssel zwar Anerkennung dafür, dass es überhaupt eine Initiative gibt. Öffentlich stellte sich jedoch noch kein Land klar hinter den Vorschlag. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte den Vorstoß, meinte aber auch, dass es noch viele offene Fragen gebe.

Die Kurdenmilizen in Nordsyrien stellten sich indes hinter den Vorschlag. "Obwohl (der Vorschlag) noch zur Diskussion steht, stimmen wir für unseren Teil zu", zitierte die kurdische Nachrichtenagentur Hawar den Kommandanten der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), General Mazloum Abdi.

Deutsche Ministerin: „Keine dauerhafte Lösung"

Russlands Vize-Außenminister Sergej Werschinin sagte, die am Dienstag in Sotschi erzielte Vereinbarung zwischen Präsident Wladimir Putin und Erdogan werde zur Gänze umgesetzt. Nach Ansicht der deutschen Verteidigungsministerin ist das Abkommen allerdings keine dauerhafte Lösung. Sie sei sich etwa mit ihren britischen und französischen Kollegen einig gewesen, "dass die Situation mit dem Abkommen von Sotschi nicht befriedet ist, nicht auf Dauer die Basis für eine politische Lösung bietet". Vielmehr sei eine internationale politische Lösung nötig, sagte die CDU-Chefin am Rande eines NATO-Verteidigungsministertreffens.

Kramp-Karrenbauer fehlt außerdem weiter die Unterstützung des Koalitionspartners SPD. In Brüssel konnte sie deswegen nicht im Namen der gesamten deutschen Regierung sprechen. Außenminister Heiko Maas zeigte sich am Donnerstag im Bundestag erneut zurückhaltend. Er kündigte an, am Samstag in die Türkei zu reisen, um mit seinem dortigen Kollegen über die Lage zu sprechen. Der türkische Vormarsch in Nordsyrien sei ein "herber Rückschlag" gewesen.

Die Türkei war vor zwei Wochen in Syrien einmarschiert, um die von ihr als Terrororganisation angesehene Kurdenmiliz YPG zu verdrängen. Parallel zogen die bisher mit den Kurden verbündeten US-Truppen aus dem Gebiet ab, nachdem zuvor die USA ihre Truppen abgezogen hatten - ein Schritt, der international und auch in den USA für große Empörung sorgte.

(APA)

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