Austria'19

Was Licht alles bewirken kann

Wolfgang Kern, Gewinner in der Kategorie Forschung, möchte mit seiner Arbeit dem Kunststoff ein positiveres Image verleihen.
Wolfgang Kern, Gewinner in der Kategorie Forschung, möchte mit seiner Arbeit dem Kunststoff ein positiveres Image verleihen.Die Presse
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Die erste Trophäe des Abends ging an den Kunststoff-Chemiker Wolfgang Kern aus Leoben. Sein Team nutzt UV-Licht, um Polymere umweltfreundlich zu verarbeiten.

Die Wichtigkeit von Wissenschaft wurde bei der Austria'19-Gala nicht nur in der Kategorie Forschung erkannt. Während später in der Veranstaltung auch in den Kategorien Erfolg International und Humanitäres Engagement jeweils Wissenschaftler und Mediziner die Trophäe überreicht bekamen, ging der erste Austria-Award des Abends an Wolfgang Kern, Kunststoff-Chemiker in Leoben: Er erhielt von den Geschäftsführern der Forschungsförderungsgesellschaft FFG, Henrietta Egerth und Klaus Pseiner, die Auszeichnung Österreicher des Jahres 2019 in der Kategorie Forschung.

Der aus Linz stammende Wissenschaftler beschäftigt sich seit Langem an der Montan-Uni Leoben mit Polymer-Chemie, also Kunststoffen. Polymere sind lange Moleküle, die wie eine Perlenkette aus vielen kleinen Einzelmolekülen bestehen. Die 3-D-Struktur dieser großen Moleküle – wie sie vernetzt und untereinander verbunden sind – bestimmt ihre Eigenschaften, etwa so wie man sich eine dreidimensional verwuzelte Perlenkette nicht um den Hals hängen kann.

Allergiefreie Latexhandschuhe

Viele Polymere reagieren auf Licht: Sie verändern ihre Struktur und gehen neue Reaktionen ein, wenn UV-Licht auf sie trifft. Dass UV-Licht viel mit chemischen Strukturen anstellen kann, weiß jeder, der schon einmal einen Sonnenbrand erlebt hat. Die Leobener Wissenschaftler nutzen ähnliche lichtinduzierte Reaktionen, um Kunststoffe umweltfreundlicher herzustellen. Ein großes Erfolgsprodukt aus dem Polymer Competence Center Leoben (PCCL), dessen wissenschaftlicher Leiter Kern ist und das als Comet-Zentrum vom Wissenschafts- und Technologieministerium gefördert wird, sind Latex-Handschuhe, die mittels UV-Bestrahlung geformt werden. Früher wurden im Zug der Vulkanisation des Naturkautschuks, der dadurch zu Gummi wird, Schwefelverbindungen eingesetzt. Die Rückstände dieser chemischen Beschleuniger konnten aber Hautreaktionen und Allergien auslösen. Gemeinsam mit der Semperit-Gruppe gelang es den Forschern um Wolfgang Kern, die giftigen Beschleuniger in der Produktion wegzulassen und stattdessen UV-Licht einzusetzen, sodass die allergiefreien Latex-Handschuhe nun bei medizinischem Personal beliebt sind.

Die Möglichkeiten, wie man Licht als positiven Input für chemische Reaktionen einsetzen kann, sind breit gefächert, und Kern gerät leicht ins Schwärmen, wenn er von seinen Forschungen erzählt. Und er wehrt sich beständig, Kunststoffe als „Plastik“ zu bezeichnen: Dem Begriff Plastik hängt ein zu schlechtes Image an, obwohl Kunststoffe unser modernes Leben erst ermöglichen, vom Smartphone bis zum Auto.
Gemeinsam mit seiner Frau, Renate Kern-Aichhorn, genoss der Sieger der Kategorie Forschung die besondere Ehrung und feierte bis nach Mitternacht in den Sofiensälen. Ebenso lang amüsierten sich auch die weiteren Nominierten dieser Kategorie. Andreas Bergthaler vom Zentrum für Molekulare Medizin (CeMM) erforscht, woran es liegt, ob jemand von einem Virus krank wird oder nicht. Er war gemeinsam mit seiner hochschwangeren Frau, Ulrike, auf der Gala, obwohl die Geburt der zweiten Tochter kurz bevorstand. Das Baby hielt sich an alle Zeitpläne und kam am Tag darauf, am 24. Oktober, gesund zur Welt: „Die Presse“ gratuliert!

Nicht ganz so turbulent verlief der Abend für die ebenfalls nominierte Barbara Stelzl-Marx, die das Ludwig-Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung leitet und an der Uni Graz Professorin für Zeitgeschichte ist. Die Forscherin, die sich in ihrer Arbeit mit dem Leben von Besatzungskindern und Menschen in Zwangslagern aus der NS-Zeit auseinandersetzt, erfreute sich mit ihrer Mutter und ihrem Team an der feierlichen Gala. Die Roboterpsychologin Martina Mara von der Uni Linz und der pharmazeutische Ingenieur Johannes Khinast von der TU Graz waren unglücklicherweise kurzfristig verhindert.

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