Der schwedische Statistiker Ola Rosling hat sich dem rationalen Denken verschrieben, gibt seinen Schwächen aber dennoch nach: Warum Zucker und Drama kein Widerspruch zu gesundem Essen und Fakten sein müssen, warum Männer immer recht haben wollen und warum es ratsam ist, Menschen mit anderen Meinungen zuzuhören, erzählte er der „Presse“.
Ich freue mich über das Gespräch, obwohl Journalisten wohl nicht zu Ihren Lieblingsgesprächspartnern zählen.
Ola Rosling: Die falschen Einschätzungen, die wir in unserem Buch beschreiben, sind nicht Schuld der Journalisten. Das Problem sind die Konsumenten. Man kann das mit der Fettleibigkeit vergleichen. Wenn jemand in ein Burgerlokal geht und nach Zucker und Fett verlangt, dann gibt es keinen Grund, etwas anderes zu servieren. Die Fastfood-Industrie hat lange nur ungesundes Essen angeboten. Als man das Problem mit der zunehmenden Fettleibigkeit erkannte, hat sich mit der Aufklärung über gesundes Essen viel geändert. Dasselbe sehe ich im Journalismus. Wenn Menschen nur angsteinflößende, außergewöhnliche Geschichten lesen wollen, wird ein Journalist, der anderes anbietet, seinen Job verlieren. Das Problem ist auch, dass er immer nur einen Teil erzählen kann.
Alles kann nie erzählt werden.
Wichtig ist ja nur, dass der Leser sich dessen bewusst ist. Statt von einer Situation zu träumen, wo alle Fakten vorhanden sind und neutral betrachtet werden – dafür sind Statistikämter da, wobei sie natürlich auch selektieren – sollte man sich einfach der Tatsache bewusst sein, dass Nachrichten Nachrichten sind und nicht Fakten. Ich erwarte kein repräsentatives Bild, wenn ich Zeitung lese.
Manchmal hat man aber Lust auf Zucker und Fett. Und sehnt man sich nicht manchmal nach Drama und Klatsch?