Wohnzimmer einer Familie aus dem Jahr 1955. Für Frauen waren Sicherheit und Stabilität wichtig, es kam zu einer hohen Zahl von Eheschließungen.
Wirtschaftswunderjahre

„Das waren halt noch Zeiten!“

Nylonstrümpfe, Waschmaschine und VW – die Wohlstandsindikatoren der Wirtschaftswunderjahre wurden immer schon nostalgisch verklärt und die Gegenwart abgewertet. Die Realität in Österreich um 1960 war anders, trister und grauer.

Barbara Coudenhove-Kalergi schrieb 1960 in der „Presse“ über Sozialthemen. „Gesichter des Elends im Zeitalter des Wirtschaftswunders“, hieß es damals im Untertitel. Vier Prozent der Wiener Bevölkerung, fast 70.000 Menschen, wurden 1960 von der karitativen SOS-Gemeinschaft betreut, die Armutsdunkelziffer ging weit darüber hinaus. Eine Viertelmillion Pensionisten, die mit sechshundert Schilling pro Monat durchkommen mussten, fielen gar nicht unter den Begriff „Elend“. Kinder aus verarmten Familien stöberten in den Coloniakübeln der Nachbarn herum, um etwas Essbares zu finden. In vergessenen Bombenruinen fand man verwesende Leichen von Obdachlosen.

Bei der Lebenserwartung lag Österreich laut Statistischem Zentralamt 1960 nicht einmal im europäischen Mittelfeld. Ein in Norwegen geborenes Kind erreichte ein Alter von 71 (männlich) und 74,7 Jahren (weiblich). Die entsprechenden Zahlen für Österreich: 64,2 und 69,7 Jahre. Am anfälligsten für extreme Notlagen waren Einpersonenhaushalte, „Einschichtige“ sagte man damals, sowie kinderreiche Familien. Frauen kamen leichter durch als Männer. Wegen ihrer „größeren Robustheit und praktischen Tüchtigkeit“, schrieb die Zeitung, konnten sie auch mit einem winzigen Einkommen wirtschaften.

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