„Mitochondriale Eva“

Urheimat des Menschen liegt im heutigen Botswana

So sieht das nach Salzpfannen benannte Makgadikgadi-Areal heute aus.
So sieht das nach Salzpfannen benannte Makgadikgadi-Areal heute aus.(c) Imago (Westend61)
  • Drucken

Ein DNA-Vergleich soll an einen ehemaligen riesigen See führen.

Wir Menschen sind alle miteinander verwandt, und wir stammen alle ursprünglich aus Afrika. Darauf können sich zumindest alle Biologen einigen. Offen ist: Wo genau – und wann – ist der moderne Mensch entstanden, der Homo sapiens sapiens, der in den letzten 200.000 Jahren die ganze Welt erobert hat? Wo und wann haben unser aller gemeinsame Mutter und unser aller gemeinsamer Vater gelebt? (Die beiden waren höchstwahrscheinlich kein Paar.) Den zweiten Teil der Frage kann man durch Vergleich der Y-Chromosomen zu beantworten versuchen. Den ersten Teil durch Vergleich der mitochondrialen DNA, die nur die Mütter weitergeben. Die freilich nicht unverändert bleibt: Auch ihr passieren Mutationen. Dadurch entstehen Varianten (Haplotypen), durch deren Vergleich kann man einen Stammbaum basteln.

„Mitochondriale Eva“

Also: Vor etwa 200.000 Jahren hat eine Frau gelebt, von deren mitochondrialer DNA unser aller mitochondriale DNA abstammt, wir können sie wissenschaftspoetisch „mitochondriale Eva“ nennen. Ihren Haplotyp nennt man L0, im Lauf der Zeit – und der Ausbreitung der Menschen – haben sich daraus die Haplotypen L1 bis L3 entwickelt und aus L3 dann diverse Haplotypen M, N und so weiter. Die Sache ist noch komplizierter, es gibt etwa auch diverse Untergruppen von L0. Genetiker um Vanessa Hayes (Sidney) haben laut Nature (28. 10.) über 1200 Mitochondrien heute im Süden Afrikas lebender Menschen, die zur Haplogruppe L0 zählen, verglichen. So kamen sie auf ein „Homeland“, in der die mitochondriale Eva gelebt haben soll, die Urheimat aller modernen Menschen: Es liegt südlich des Flusses Sambesi, in den heutigen Staaten Namibia, Botswana und Simbabwe. Dort war vor 200.000 Jahren ein großer See, der Makgadikgadi-See, benannt nach den Salzpfannen, die seine Austrocknung hinterlassen hat. Die schon früher begonnen hatte – wodurch ausgedehnte Feuchtgebiete entstanden waren: „ein höchst produktives Ökosystem“, wie ein an der Arbeit beteiligter Geologe sagt.

In diesem Gebiet habe die früheste Kultur des Homo sapiens sapiens 70.000 Jahre lang floriert, meint Hayes, und von dort aus sei dieser ausgewandert, als die Austrocknung des Sees weiterging – in Richtung Nordosten und Südwesten. Auch diese frühen Wanderungen können die Forscher durch ihren Vergleich der Haplotypen nachvollziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.10.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.