Der Tod ihres „Kalifen“ ist eine schwere psychologische Niederlage für die Jihadisten. Der US-Präsident verbucht ihn als Erfolg. Doch er müsste mehr tun.
Es ist eine bizarre Gedankenwelt, die sich die Anführer des sogenannten Islamischen Staats zusammengezimmert haben. So hat die IS-Propagandaabteilung ihr wichtigstes Online-Magazin, „Dabiq“, nach einem gleichnamigen Städtchen in Nordsyrien benannt. In diesem mystischen Ort erwarten die Jihadisten die Entscheidungsschlacht gegen ihre Feinde, den Anfang vom Ende der Welt. Sie beziehen sich dabei auf eine alte islamische Schrift, die ähnlich den apokalyptischen Erzählungen der Bibel einen letzten Kampf Gut gegen Böse beschreibt.
Endzeitwahn, pseudoreligiöser Fanatismus, Vorstellungen von einer „perfekten“ Welt, die nur durch Massenmord an Minderheiten wie den Jesiden errichtet werden kann: All das zählt zur gefährlichen Ideologie des IS. Sie ist überfrachtet mit Symbolen – und eines davon war der „Kalif“. Der IS-Chef hatte sich selbst den Kampfnamen Abu Bakr al-Baghdadi gegeben. Abu Bakr hieß der erste Kalif – also der erste direkte Nachfolger des Propheten Mohammed. IS-Chef Baghdadi tat somit nichts Geringeres, als zu behaupten, er sei nun der Anführer aller Muslime.