Thüringen kann ohne Linkspartei oder AfD nicht mehr regiert werden. Was das politische Erdbeben in dem ostdeutschen Bundesland für die Regierung in Berlin bedeutet.
Berlin. Die Republik bereitet sich auf das Jubiläum vor. Vor 30 Jahren öffneten sich die Tore des Freiluftgefängnisses DDR. Doch kurz vor den Mauerfall-Feierlichkeiten am 9. November wandern verunsicherte Blicke nach Ostdeutschland. Dort, in Thüringen, stimmten am Sonntag 31 Prozent für die Linkspartei, die Rechtsnachfolgerin der DDR-Einheitspartei SED. 23,4 Prozent votierten für die AfD. Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte gibt es in einem Bundesland keine Mehrheit für eine Koalition der „politischen Mitte“, zum ersten Mal lässt sich an Linken oder AfD vorbei keine Koalition bilden.
1 Die Frage nach dem Umgang mit der Linkspartei spaltet die CDU
Thüringen droht nun die Unregierbarkeit. Oder eine Minderheitskabinett. Denn die Linkspartei hat zwar triumphiert, ihre rot-rot-grüne Koalition ist aber abgewählt. An der AfD will niemand anstreifen. Die CDU, die auf Platz drei abstürzte, und die FDP haben Koalitionen mit der Linkspartei ausgeschlossen. Wobei: Montagmorgen hörte sich das plötzlich anders an. CDU-Landeschef Mike Mohring überraschte mit der Ankündigung, nun doch mit dem linken Ministerpräsidenten Bodo Ramelow reden zu wollen (und Mohrings Fraktionsvize dachte laut über ein Bündnis mit der AfD nach). Vielleicht hatte Mohring eine Umfrage im Kopf, wonach 68 Prozent seiner CDU-Wähler sagen, die Partei solle ihr Nein zur Linken überdenken. In Berlin sorgte das für einen Aufschrei. CDU-Vorstandsmitglieder warnten, eine Koalition mit der Linken wäre das „Ende der CDU als Volkspartei“. Die CDU-Spitze verwies daher auf einen Parteitagsbeschluss, wonach Koalitionen mit AfD und Linken ausgeschlossen sind. Reden wird Mohring mit Ramelow trotzdem. Vielleicht nicht über eine Koalition, aber mit "offenem Herzen", wie er erklärte.