Markenmotive

Vom Reißbrett in die Druckerpresse

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500 Jahre Kaiser Maximilian oder doch 50 Jahre Mondlandung? Jedes Jahr werden mehrere Dutzend neue Motive abgedruckt. Das Philatelie-Komitee entscheidet, was Briefmarken abbilden.

Marcel Hirscher hat das Rennen um die eigene Briefmarke nicht gewonnen. Auch wenn der Antrag ordnungsgemäß bei der Post eingereicht wurde und das Philatelie-Komitee ihn besprochen hat. Benjamin Raich und einige andere Skiasse sind vor ihm ins Ziel gedüst: Bereits vor mehreren Jahren gab es eine eigene Skifahrerserie der österreichischen Post. Um der Diversität Willen gibt es also erst einmal keine Briefmarke für Hirscher.

Die älteren Skihasen hatten das richtige Timing: Vor der Jahrtausendwende war es undenkbar, lebende Personen auf Briefmarken zu verewigen. Einzige Ausnahme: Der Bundespräsident, wenn er einen runden Geburtstag feiert. Heute ist das anders. Neben Benjamin Raich können sich Sammler Bilder von Thomas Gottschalk, Christiane Hörbiger oder Arnold Schwarzenegger ins Album klemmen. Und Falco hat posthum zu seinem sechzigsten Geburtstag eine Marke geschenkt bekommen.

Kirchen, Tiere, Motorräder

Die Motive der Briefmarken beschränken sich nicht auf berühmte Köpfe. Auch Illustrationen und Fotos von Landschaften, Gebäuden, Gegenständen oder Tieren finden auf den Marken Platz. Im Oktober wurde eine Serie rund um den Elefantennachwuchs im Zoo Schönbrunn herausgegeben. Im September zierten orange-goldene Herbstmotive die neuen Marken.

Auch historische Jubiläen sind beliebter Anstoß für neue Motive. Klassische Beispiele hierfür: Sondermarken zu 100 Jahren Frauenwahlrecht, 25 Jahren EU-Beitritt oder 50 Jahren Mondlandung. Dazu kommen noch zeitlose Themen. So zieren Oldtimer bei Autos und Motorrädern, Eisenbahnen, Kirchen, Nischensportarten oder österreichische Pilze als Serien gleich mehrere Briefmarken.

Das kommt dem Sammeltrend entgegen. Immer weniger Philatelisten legen länderbasierte Alben an. Sie können sich beim themenzentrierten Sammeln besser verwirklichen. Dabei suchen sie internationale Briefmarken rund um Sport, Geschichte und Co. Es gibt immer noch die eine oder andere Marke aus dem Ausland, die noch nicht im Album vorhanden ist. Der fehlende Anspruch auf Vollständigkeit erhöhte für viele Briefmarkenliebhaber den Sammelreiz.

Eiche, Swarovski, Krypto

Die österreichische Post ist bekannt für technische Innovation bei Briefmarken. Besondere Marken haben die Form von Lederhosen, Steirerhüten oder Dirndln, sind mit Swarovski-Steinchen besetzt oder bestehen aus Eichenfurnier. Im Juni sorgte die Post mit der ersten Kryptobriefmarke der Welt für mediales Aufhorchen (siehe M3). Mit den ausgefallenen Formaten versucht das Unternehmen, Briefmarken für Neo-Sammler interessant zu machen. Bei den älteren, konservativen Philatelisten kommen die Innovationen nicht immer gut an. Gerade das digitale Blockchainformat verursachte bei alteingesessenen Sammlern mehr Skepsis als Wohlwollen.

Einen Antrag für eine neue Sondermarke kann grundsätzlich jeder einbringen. Wichtig ist nur, dass der Vorschlag regional oder überregional relevant ist. Der 90. Geburtstag der Oma schafft es nicht unbedingt auf eine landesweit genutzte Marke. Zu persönlichen Anlässen kann man selbst personalisierte Marken designen. Diese werden dann aber nicht massenproduziert.

Jedes Jahr werden zwischen 100 und 150 Anträge für neue Sondermarkenmotive bei der österreichischen Post eingereicht. Umgesetzt wurden im vergangenen Jahr (ohne Weihnachtsmarken) 45 neue Motive. Sondermarken-Abonnenten bekommen damit ungefähr eine Marke pro Woche zugeschickt. Sie zahlen für die Miniaturkunstwerke rund sieben Euro pro Monat. Postkartenhefte mit mehreren thematisch zusammenpassenden Briefmarken und Postkarten gehen um etwas mehr als drei Euro über die Ladentheke.

Das Who's who der Philatelie

Bei der Auswahl der Motive wird die Post vom sogenannten Philatelie-Komitee unterstützt. Dieses setzt sich aus Vertretern des Unternehmens, Repräsentanten der großen Philatelievereine, des Philatelieverbands, Münz- und Markenhändlern und Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur zusammen. Im Komitee sitzen etwa Experten wie die Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, Sabine Haag, und der Direktor des Leopold-Museums, Hans-Peter Wipplinger. Die Spezialisten beäugen die Vorschläge. Sie diskutieren, welche Ideen gesellschaftlich relevant genug sind, und entscheiden mit, welche Motive in welcher Art grafisch umgesetzt werden.

Ist ein Thema gefunden, vergibt die Post den Gestaltungsauftrag an einen spezialisierten Briefmarkengrafiker. Dieser macht mehrere Gestaltungsvorschläge, die wiederum im Komitee besprochen und schließlich abgesegnet werden. Das letzte Wort hat die Generaldirektion der Post: Jede neue Briefmarke wandert über den Schreibtisch des Vorstandsvorsitzenden Georg Pölzl, bevor sie in Druck geht.

INFO

Markenarten. Insgesamt hat die österreichische Post im vergangenen Jahr rund zehn Millionen Sondermarken ausgegeben. Die Auflagen schwankten zwischen 150.000 und 500.000 Stück, je nachdem, welchen Erfolg sich die Post von der Marke verspricht. Bei den sogenannten Dauerbriefmarken wurden im Vorjahr knapp 60 Millionen Stück verklebt. Als quasi Dauerbrenner unter den Briefmarken werden sie stetig nachgedruckt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2019)

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