Atomenergiebehörde

Argentinier wird neuer IAEA–Chef

Dem argentinischen Karrierediplomaten Rafael Grossi wurden schon lange Ambitionen auf den Spitzenposten der Atomenergiebehörde nachgesagt.
Dem argentinischen Karrierediplomaten Rafael Grossi wurden schon lange Ambitionen auf den Spitzenposten der Atomenergiebehörde nachgesagt. (c) APA/AFP/JOE KLAMAR (JOE KLAMAR)
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Der Nuklearexperte Rafael Grossi setzte sich am Dienstag gegen den Rumänen Feruta durch. Er folgt dem im Juli verstorbenen Japaner Amano nach.

Wien. Knapp dreieinhalb Monate nach dem Tod des bisherigen IAEA-Chefs Yukiya Amano bekommt die Internationale Atomenergiebehörde in Wien einen neuen Generaldirektor. Der argentinische Karrierediplomat und Nuklearexperte Rafael Grossi setzte sich nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen am Dienstag gegen seinen schärfsten Widersacher, den Rumänen Cornel Feruta, durch und erreichte die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit in dem 35 Staaten umfassenden IAEA-Gouverneursrat, dem Exekutivgremium der Organisation. Grossi wird nun spätestens am 1. Jänner die Nachfolge des Mitte Juli im Amt verstorbenen Japaners antreten.

Der Argentinier, dem schon seit Jahren Ambitionen auf den IAEA-Spitzenjob nachgesagt wurden, war der erste, der wenige Tage nach Amanos Tod offiziell seinen Hut in den Ring geworfen hatte. Anders als seine drei Mitbewerber – neben dem Rumänen Feruta anfänglich auch die slowakische Nuklear-Expertin Marta Žiaková und der Chef der Atomteststopp-Behörde CTBTO, Lassina Zerbo aus Burkina Faso – führte der 58-Jährige einen öffentlichen Wahlkampf und sicherte sich früh die Unterstützung von wichtigen Staaten wie Brasilien und den USA. Der scheidende US-Energieminister Rick Perry hatte ihn bei einem Besuch in Wien Mitte September in ungewöhnlicher Offenheit bereits als „perfekten Kandidaten“ gepriesen.

In einem Bewerbungsschreiben, das Argentiniens Außenministerium veröffentlichte, betonte Grossi unter anderem, dass noch mehr für die Sicherheit von Nuklearreaktoren getan werden müsse, um eine „tiefgreifende Sicherheitskultur“ zu etablieren. Nach seiner Wahl am Dienstag betonte Grossi, dass er den Mitgliedstaaten und der internationalen Gemeinschaft garantiere, dass „ich absolut unabhängig bin und undurchlässig für Druck bin“. Nicht im Detail äußern wollte er sich zu dem Atomkonflikt mit dem Iran, der seit dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Wiener Nuklearabkommen wieder an Schärfe gewinnt. Nur so viel: Er wolle ein fairer Vermittler sein. Diplomaten in Wien erwarten keine grundlegenden Änderungen der IAEA-Politik in diesem Punkt.

Der Politikwissenschaftler, der 1985 in den diplomatischen Dienst seines Landes eintrat, gilt als Fachmann für Abrüstung und Non-Proliferation. Direkt nach seinem Abschluss an der Argentinischen Diplomatischen Akademie wurde er der Abteilung für Nuklearangelegenheiten und Abrüstung des Außenministeriums zugeteilt. Auf seinem ersten Auslandsposten in Genf nahm er an den Verhandlungen über die Chemiewaffenkonvention und den Atomteststopp-Vertrag teil. Später folgten Einsätze bei der Organisation für das Verbot chemischer Waffen und 2010 schließlich bei der IAEA, wo Grossi unter Generaldirektor Amano Kabinettschef und IAEA-Vizechef war. In dieser Funktion war er direkt an den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm beteiligt.

Erster Südamerikaner an der Spitze

Seit seinem damals von ihm nicht begründeten Rücktritt von der IAEA 2013 war Grossi Argentiniens Botschafter in Österreich und bei den in Wien ansässigen internationalen Organisationen. Zwischen 2014 und 2016 fungierte er auch als Präsident der Nuclear Suppliers Group (NSG), einer Gruppe von Staaten, die Atomtechnologie exportieren.

Grossi wird der erste Südamerikaner an der Spitze der Atomenergiebehörde. Die Bestätigung seiner Wahl durch die IAEA–Vollversammlung gilt als Formsache.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2019)

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