Talya Lador-Fresher, Israels scheidende Botschafterin, zieht nach vier Jahren Bilanz. Sie sieht ein wachsendes Verständnis in Österreich für ihr Land, spricht über die FPÖ und Karin Kneissl. Stutzig macht sie die Stellung der Frauen.
Die Presse: Sie waren vier Jahre Israels Botschafterin. Welche Klischees von Österreich mussten Sie während dieser Zeit überdenken?
Talya Lador-Fresher: Ich dachte, Österreicher und Deutsche seien einander sehr ähnlich. Das stimmt überhaupt nicht (lacht). Ich hätte auch nicht geglaubt, dass die Stellung der Frau in Österreich so traditionell ist.
Vermissen Sie Frauen in mächtigen Positionen?
Nein, es gibt mehr Ministerinnen in Österreich als in der israelischen Regierung. Aber in Israel haben die meisten Frauen eine Karriere und eine Familie. Dort würde niemand erstaunt fragen, wie man das unter einen Hut bringt. Denn fast alle schaffen es.
Und was ist der Grund dafür?
Es gibt in Israel mehr staatliche Unterstützung bei der Kinderbetreuung, und die Gesellschaft tickt anders. Als ich meinen Sohn mit 14 Wochen in eine Tagesstätte brachte, schaute mich niemand schief an und sagte: Oh Gott, sie gibt ihr Kind einer fremden Person. Jeder sagte, du kehrst zur Arbeit zurück, gut für dich.