Schließung des Abdullah-Zentrums rechtlich möglich

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++ THEMENBILD ++ ABDULLAH-ZENTRUM IN WIENAPA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Juristisch betrachtet überrascht es nicht, dass das Zentrum nach wie vor besteht. Eine sofortige Schließung wäre ein Vertragsbruch und somit völkerrechtswidrig.

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Bundespräsident a.D. Heinz Fischer hielt heute die Eröffnungsrede bei einer Konferenz des Abdullah-Zentrums. Selten sorgte die bloße Ankündigung einer Rede eines ehemaligen Bundespräsidenten für solch mediale Aufregung. Bereits zuvor berichteten mehrere österreichische Tageszeitungen, dass Fischer die Eröffnungsrede halten werde. Das Zentrum sei noch (immer) nicht geschlossen, so der Tenor mancher Artikel. Rechtlich betrachtet überrascht es aber nicht, dass das Zentrum nach wie vor besteht.

Am 12. Juni 2019 beschloss der Nationalrat einen Entschließungsantrag über die Schließung des Abdullah-Zentrums mit den Stimmen von SPÖ, FPÖ, NEOS und Liste JETZT (die ÖVP brachte einen eigenen Antrag ein). Die Schließung des Abdullah-Zentrums ist völkerrechtlich möglich, wird aber frühestens im Jahr 2020 erfolgen können.

Sofortige Schließung wäre rechtswidrig

Das King Abdullah bin Abdulaziz International Centre for Interreligious and Intercultural Dialogue (KAICIID) wird hauptsächlich von Saudi-Arabien finanziert und so trägt es auch den Namen eines ehemaligen saudischen Königs. Österreich ist neben Saudi-Arabien und Spanien Gründungsmitglied des Zentrums (der Heilige Stuhl hat Beobachterstatus). Das Errichtungsübereinkommen des Abdullah-Zentrums sieht Wien als Sitz des Zentrums vor. Daher schloss Österreich in weiterer Folge ein Amtssitzabkommen mit dem Abdullah-Zentrum. Die Kritik an der Menschenrechtslage in Saudi-Arabien wird dem Amtssitz am Wiener Schottenring nun zum Verhängnis.

Das Amtssitzabkommen und das Errichtungsübereinkommen sehen einen einseitigen Ausstieg Österreichs vor. Nach Artikel 23 Abs 4 des Amtssitzabkommens kann Österreich das Abkommen einseitig durch eine schriftliche Mitteilung kündigen. Das Abkommen tritt jedoch erst sechs Monate nach dem Erhalt der Kündigung außer Kraft. Nach dem Errichtungsübereinkommen bedürfte die Verlegung des Sitzes zwar der Einstimmigkeit der Mitglieder. Allerdings kann Österreich einseitig vom Errichtungsübereinkommen zurücktreten − hierfür sieht das Abkommen eine dreimonatige Frist vor. Somit wäre eine sofortige Schließung ein Vertragsbruch und völkerrechtswidrig.

Handeln der Regierung ist Voraussetzung

Der Nationalrat beschloss aber keine sofortige Schließung. Es handelt sich außerdem um kein vom Nationalrat beschlossenes Gesetz, sondern einen Entschließungsantrag. Nach dem Wortlaut des Entschließungsantrages wird die Bundesregierung und insbesondere der Außenminister „ersucht“ vom Errichtungsübereinkommen zurückzutreten und das Amtssitzabkommen zu kündigen.

Hintergrund der Formulierung des Antrags („ersucht“) ist, dass es sich bei Entschließungsanträgen um Wünsche über die Ausübung der Vollziehung handelt. Für einen Rücktritt vom Errichtungsübereinkommen bzw. die Kündigung des Amtssitzabkommens bedarf es nämlich unter anderem des Handelns der Bundesregierung. Rechtlich verbindlich ist der Entschließungsantrag nicht, er hat jedoch politisches Gewicht (selbst wenn sich die politischen Kräfteverhältnisse im Nationalrat seit dem Entschließungsantrag geändert haben). Außenminister Schallenberg kündigte bereits an, die Umsetzung des Entschließungsantrages rechtlich prüfen zu lassen. Bundespräsident Van der Bellen wies bereits im Juni richtigerweise darauf hin, die Schließung sei „nicht einfach durch einen Beschluss zu erfüllen.“

Rechtlich stehen der Schließung des Zentrums nur zeitliche Grenzen entgegen. Diplomatisch wird eine Schramme am ausgezeichneten Rufs Österreichs als Sitzstaat internationaler Organisationen befürchtet. Bundespräsident a.D. Fischer verteidigte seine heutige Eröffnungsrede mit Verweis auf Österreichs internationale Bedeutung als Brückenbauer.

Matthias Edtmayer ist Universitätsassistent an der Abteilung für Völkerrecht und Internationale Beziehungen der Universität Wien.

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