Wo es um menschliche Bedürfnisse, Sehnsüchte und Ängste geht, überlebt das Wort „Seele“ hartnäckig – auch wenn der Jenseitsglaube schwindet: überwachsene Gräber in Wien.
Sprache

Wozu wir das Wort „Seele“ brauchen

Abseits von Allerseelen – von Religion überhaupt – scheint das Wort „Seele“ hoffnungslos überholt. Warum lebt es trotzdem hartnäckig weiter, was hat die Seele, was die Psyche nicht hat? Über einen schwer verzichtbaren Begriff.

Nur ältere Leute könnten dieses Wort aussprechen, ohne zu lachen, hieß es über die „Seele“ schon in Robert Musils „Mann ohne Eigenschaften“. Heute gilt das vermutlich auch für viele Ältere nicht mehr, außer im Bereich des Religiösen. Das Wort Seele stirbt vor sich hin, seit dem 19. Jahrhundert verdrängt durch das Selbst, die Psyche, das Ich, das Mentale, den Geist . . . In ebenfalls aussterbenden Redewendungen hält es sich, inhaltsleer, noch zaghaft – wenn beispielsweise jemand einem aus der Seele spricht, zwei Menschen ein Herz und eine Seele sind. Am ehesten noch akzeptabel wirkt es dort, wo es grammatikalisch den Ding-Charakter verliert, in Adjektiven wie seelisch, beseelt oder seelenlos.

Die Gründung eines Erdensekretariats der Genauigkeit und Seele“ schlägt Musils Held Ulrich im Roman auch vor. Er meint diese Forderung nicht nur ironisch. Tatsächlich sieht er die Wurzel der modernen Krise im Widerspruch von Wissenschaft und Seele, sucht nach Versöhnung. Persönlich findet er sie in einer „taghellen Mystik“, konkreter in der Liebesbeziehung zu seiner Schwester Agathe, die er seine „Seele“ nennt.

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