ÖVP-Obmann Chef Kurz geht positiv in die heutigen Sondierungsgespräche. Grünen-Chef Kogler kündigt für die Mittagszeit "ausführlichere Statements" an. Vermutlich wird erstmals Inhaltliches preisgegeben.
Je sechs Vertreter der Volkspartei und der Grünen schritten am Donnerstag über den roten Teppich ins Winterpalais des Prinzen Eugen in der Wiener Innenstadt. Das Ziel: Ausloten, ob der Eintritt in Regierungsverhandlungen möglich sei - und zwar durchaus rasch. Denn, wie Ex-Kanzler und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz bei seinem Eintreffen betonte: „Es ist, um genau zu sein, Halbzeit bei unseren Sondierungen.“ Noch drei weitere Termine habe man sich vorgenommen, um das Ausloten dann am 8. November abzuschließen. In den Tagen danach werde die ÖVP dann entscheiden, mit welcher Partei Regierungsverhandlungen aufgenommen werden könnten und die Öffentlichkeit über die nächsten Schritte informieren, versprach Kurz.
Schon jetzt könne er aber „ein Stück weit vorsichtig Bilanz ziehen“, räumte er ein. Konkret: Es herrsche zwischen den Grünen und der ÖVP eine „gute Gesprächsatmosphäre“, man tausche sich „respektvoll“ über die jeweiligen Positionen aus, obgleich die Verhandler „inhaltlich in weiten Bereichen sehr unterschiedliche“ Auffassungen hätten. Ob diese Differenzen überbrückt werden können, darüber solle nun weiter gesprochen werden.
Kritik an „Verächtlichmachen der Bundeshymne“
Angesprochen auf die eben publik gewordene „Liederbuchaffäre“ in der Steiermark (kurz vor der dortigen Landtagswahl am 24. November soll ein Buch mit antisemitischen, NS-verherrlichenden und rassistischen Passagen aufgetaucht sein; Mitglied der Burschenschaft ist der steirischer FPÖ-Nationalratsabgeordneter Wolfgang Zanger), meinte Kur, er empfinde das als „extrem widerlich“. Es handele sich dabei um ein „Verächtlichmachen der österreichischen Bundeshymne“ und damit zugleich um ein Verächtlichmachen „der Österreicherinnen und Österreicher“ - „als Mensch und als Patriot lehne ich das ab“.

Danach gefragt, ob dieser „neuerliche Einzelfall“ nun eine etwaige Koalition mit den Freiheitlichen im Bund unwahrscheinlicher mache, antwortete Kurz: „Die FPÖ hat sich selbst aus dem Spiel genommen, indem sie gesagt hat, sie deutete das Wahlergebnis nicht als Auftrag, in eine Regierung zu gehen.“ Vielmehr ziehe sie die Opposition vor und stehe daher für Verhandlungen nicht zur Verfügung, erinnerte der ÖVP-Chef. Anders sei das bei der SPÖ und den Grünen. Während erstere „sehr zügig“ entschieden habe, zu Regierungsverhandlungen bereits zu sein, lote man das mit den Grünen gerade aus.
Kogler: „Vorgezogene Wahlen hoffentlich im Sommer“
Kein Wort über die „Liederbuchaffäre“ verlor sodann der grüne Bundessprecher Werner Kogler. Vielmehr beschäftigte ihn bei seinem Eintreffen im Finanzministerium das Wetter: „Die nächsten vorverlegten Nationalratswahlen finden hoffentlich im Frühjahr oder Sommer statt, so kalt wie es da herinnen immer ist“, begrüßte er die Journalisten und kündigte für den frühen Nachmittag „ausführlichere Statements“ zum Status quo der Sondierungsgespräche an. Vermutet wird, dass damit erstmals Inhaltliches kundgetan wird.
Denn: „Es ist ja genau die Aufgabe, dass wir das nicht erzählen“, antwortete er auf die Frage eines Journalisten, welche Themen heute auf der Agenda stünden. „Es geht um die groben Linien und mögliche Übereinstimmungen“, erinnerte Kogler. Und: „Man wird sich einigen müssen, wie man mit Unterschieden in allfälligen Verhandlungen umgehen wird.“ Gesamt soll heute fünf Stunden sondiert werden, dazwischen gibt es eine Stunde Pause.
Auf einen Blick
Nach einem Vier-Augen-Gespräch zwischen Sebastian Kurz und Werner Kogler am Dienstag werden sich heute, Donnerstag, je sechs Vertreter der Volkspartei und der Grünen zum nächsten offiziellen Sondierungstermin zusammenfinden. Es gilt, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu diskutieren.
Weitere Sondierungsrunden sind für den 3., 5. und 8. November geplant, danach will die ÖVP entscheiden, mit welcher Partei sie konkrete Regierungsverhandlungen aufnimmt.