Interview

Springer: „Wir brauchen berechenbare Rahmenbedingungen“

(c) IV Kärnten
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IV-Kärnten-Präsident Timo Springer sieht trotz sich eintrübender Konjunktur Kärnten auf dem Weg zum Technologieland. Und er spricht sich für qualifizierte Zuwanderung aus.

Nach dem monatelangen Wahlkampf stehen uns jetzt mühsame Sondierungsrunden und lange Koalitionsverhandlungen bis ins neue Jahr ins Haus – womit uns fast ein Jahr Stillstand droht. Wie groß ist der Leidensdruck der Wirtschaft? Der Kärntner Unternehmen?

Timo Springer: Die im koalitionsfreien Raum beschlossenen „Wahlzuckerln“ haben uns hohe zusätzliche Budgetbelastungen etwa im Bereich der Pensionen gebracht. Finanzminister Eduard Müller sieht dadurch den Spielraum für im internationalen Wettbewerb dringend erforderliche Entlastungen bei Steuern und Abgaben aufgebraucht. Die neue Regierung startet – wenn sie denn endlich zustande kommt – schon mit einer Hypothek. Der Leidensdruck der Kärntner und der österreichischen Unternehmen ist hoch und bleibt wohl auch hoch. Wir brauchen daher berechenbare Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Standortattraktivierung.

Der Wahlkampf wurde von zwei Themen beherrscht: Klimawandel und CO2-Abgaben. Die wichtigen Wirtschaftsthemen wurden kaum diskutiert − als gäbe es keinen Handlungsbedarf bezüglich Arbeitskräfte, Abgabenquoten, Bürokratieabbau. Wie sehen Sie das?

Das sehe ich differenzierter. Die ÖVP hat ihren Wahlsieg nicht mit Klimathemen eingefahren, sondern etwa mit dem Versprechen von Steuerentlastung für den Mittelstand, mit der Pflegeversicherung etc. Die Grünen haben dafür sicher mit Maßnahmen gegen den Klimawandel gepunktet. Die Sicherung des Fachkräftebedarfs ist nicht das typische Wahlkampfthema, obwohl da riesiger Handlungsbedarf besteht: sowohl im Bildungssystem als auch etwa bei qualifizierter Zuwanderung. Bürokratieabbau ist bekanntermaßen ein sehr stark polarisierendes Thema. Viele Probleme sind hier aufgrund der oft absurden Gesetzeslage hausgemacht. An den prinzipiellen Themen arbeitet derzeit etwa die Initiative „Kärnten unternehmensfreundlich“: Politik, Verwaltung, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung.

Was erwarten Sie sich von der neuen Regierung – welche Probleme aus wirtschaftlicher Sicht müssen Ihrer Meinung nach sofort angegangen werden?

Die IV sieht da drei große Themenkomplexe: zuerst die Entlastung der Menschen, Stichwort Lohnnebenkosten, und der Unternehmen, dann die konsequente Investition in die Zukunft, also in Forschung und Bildung, schließlich die gezielte Ausbildung von Menschen für unsere Unternehmen. Gerade in demografisch benachteiligten Regionen wie Kärnten werden wir aber wohl nicht ohne qualifizierte Zuwanderung auskommen.

Die Konjunktur trübt sich ein, die Wachstumsprognosen werden zurückgenommen. Wie gut stehen die Kärntner Industriebetriebe noch da? Wie zufriedenstellend sind die Auftragsstände?

Die Konjunktur trübt sich leider ein. Das trifft alle wesentlichen Indikatoren: von der Geschäfts- bis zur Auftragslage, von der Produktion bis zum Beschäftigtenstand. Eine Folge unerfreulicher internationaler Entwicklungen, von denen wir uns nicht abkoppeln können.

Wie wird sich, Ihrer Einschätzung nach, die Konjunktur in Kärnten und Österreich mittelfristig entwickeln – vor dem Hintergrund der internationalen Handelskriege USA/China, der Brexit-Wirrungen etc. Welchen Einfluss hat das alles auf die Kärntner Industriebetriebe?

Die nächsten ein, zwei Jahre wird es schwierig werden. Das Investitionsklima kühlt ab. Einige Schlüsselbranchen wie etwa die Autoindustrie befinden sich in einer Umbruchphase. Trotzdem hat Kärnten auf dem Weg zu DEM Technologieland im Süden Österreichs einige Initiativen gesetzt, um gestärkt aus dem Wellental zu kommen. Das neue Forschungsinstitut von Fraunhofer KI4Life ist das jüngste positive Beispiel dafür.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2019)


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