Liederbuch-Affäre

FPÖ ortet "Schmutzkübel-Kampagne wie bestellt" vor Landtagswahl

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky
FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky(c) Clemens Fabry, Presse
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Drei Wochen vor der Steiermark-Wahl wurde ein Buch mit antisemitischen Texten publik. FPÖ-Generalsekretär Vilimsky sieht darin ein „plumpes Manöver“ gegen seine Partei.

Die Freiheitlichen sehen in der nun publik gewordenen steirischen Liederbuch-Affäre eine "durchsichtige Schmutzkübel-Kampagne" gegen die FPÖ. "Quasi wie bestellt erfolgte nach der letzten Niederösterreich-Wahl nun auch in der Steiermark mit einer mehr als nebulosen Liederbuch-Geschichte eine Schmutzkübel-Inszenierung gegen die FPÖ knapp vor der Wahl", betonte Generalsekretär Harald Vilimsky am Donnerstag in einer Aussendung.

"Dieses Manöver ist mehr als durchsichtig, plump und nur darauf ausgerichtet, der FPÖ einen politischen Schaden zuzufügen", erklärte Vilimsky in einer Reaktion. Darin teilte er auch mit, dass die FPÖ die in Medien zitierten Passagen des Liederbuchs verurteile und deren Inhalte kategorisch ablehne.

„Distanzierung einzumahnen ist falsche Begrifflichkeit"

Tatsächlich distanzieren wollte man sich davon allerdings nicht. "Eine Distanzierung einzumahnen ist eine falsche Begrifflichkeit, denn nur wer eine Nähe zu etwas hat, kann auch auf Distanz gehen", trat Vilimsky rhetorisch in die Fußstapfen des steirischen Nationalratsabgeordneten Wolfgang Zanger, der Mitglied in der Burschenschaft "Pennales Corps Austria zu Knittelfeld" ist und das umstrittene Liederbuch bei sich zu Hause liegen hatte. "Dazu wollen wir keine Nähe haben, auch nicht der Herr Zanger", stellte Vilimsky per Aussendung klar.

"Ablehnung von Antisemitismus und Verurteilung der NS-Ideologie ist heute schließlich allerbreitester politischer Konsens in Österreich. Dies infrage zu stellen und mit diesen sensiblen Themen Wahlkampf zu betreiben, ist mehr als schäbig", ließ Vilimsky mitteilen. Der FPÖ-Generalsekretär forderte, die Diskussion zu versachlichen und die "offensichtliche Wahlkampfinszenierung" einzustellen.

Man habe schon in der Liederbuch-Inszenierung von Niederösterreich gesehen, dass sich dann nach der Wahl alles in Schall und Rauch aufgelöst habe, erklärte die FPÖ in der Aussendung. Das "idente Muster, der FPÖ Schaden zufügen zu wollen", erkennen die Freiheitlichen nun auch in der Steiermark. "Die Steirerinnen und Steirer werden dem aber nicht auf den Leim gehen", zeigt sich Vilimsky überzeugt. Was in irgendeinem "völlig belanglosen Liederbuch mit über 400 Seiten" stehe, das "irgendwann einmal als Geschenk übergeben und sogleich in einem Bücherregal verschwunden" sei, dürfe "keine Auswirkungen auf die Zukunft in der Steiermark" haben, sagte Vilimsky.

SPÖ, Grüne und Neos fordern Konsequenzen

SPÖ, Grüne und Neos nahmen die Causa weniger gelassen: Alle drei Parteien forderten am Donnerstag den Rücktritt von Wolfgang Zanger. Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner hat die FPÖ "mit ihrem Liederbuch-Skandal wieder bewiesen, dass sie nicht regierungstauglich ist". Es sei "unfassbar, dass sich die FPÖ nicht von diesem abstoßenden Gedankengut distanziert", teilte sie mit. FPÖ-Obmann Norbert Hofer müsse „endlich klar gegen Nationalsozialismus und Antisemitismus auftreten und sein Durchgriffsrecht nutzen", forderte Rendi-Wagner.

Ähnlich die stellvertretende grüne Klubobfrau Ewa Ernst-Dziedzic: "Antisemitismus und rechtsextremes Gedankengut haben in Österreich nichts zu suchen. Das gilt auch für die FPÖ.“ Die notwendige Konsequenz sei „der Rücktritt des Abgeordneten Zanger“. „Die Österreicherinnen und Österreicher haben die täglichen ,Einzelfall'-Grauslichkeiten genauso satt wie die darauffolgenden halbherzigen Distanzierungen und scheinheiligen Ausflüchte der Freiheitlichen", meinte der stellvertretende Neos-Klubobmann Niki Scherak.

Auf einen Blick

Im Landtagswahlkampf in Niederösterreich 2018 wurde ein 300 Seiten starkes Liederbuch der Verbindung „Germania zu Wiener Neustadt“ publik, das unter anderem die Zeilen enthielt: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'“ Udo Landbauer, damals FPÖ-Spitzenkandidat und Mitglieder der Germania, beteuerte, von den Texten nichts gewusst zu haben, trat allerdings von allen politischen Funktionen zurück.

Nachdem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen NS-Wiederbetätigung gegen vier Personen, die für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher der Wiener Neustädter Burschenschaft verantwortlich zeichneten, im August eingestellt worden waren, kehrte Landbauer im Februar 2019 als Gemeinderat in die Wiener Neustädter Kommunalpolitik zurück. Er übernahm die Funktion des geschäftsführenden Obmanns des FPÖ-Landtagsklubs. Im September 2018 wurde Landbauer auch zum geschäftsführenden Landesparteiobmann bestellt.

Am 30. Oktober 2019 berichtete nun die „Kronen Zeitung“ über ein Kompendium aus dem Besitz der Verbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld" bekannt, das neonazistische, antisemitische und österreichfeindliche Texte enthält. Mitglied der Burschenschaft ist der steirische FPÖ-Nationalratsabgeordneter Wolfgang Zanger. Er will sich von dem Buch nicht distanzieren, denn: „Distanzieren kann ich mich nur von etwas, das ich selbst geschrieben, gesagt oder getan habe.“ 

(APA/Red.)


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