Grasser-Prozess

Kein "Zettel" für Hochegger, viele Konten für Meischberger

BUWOG-GRASSER-PROZESS: HOCHEGGER
BUWOG-GRASSER-PROZESS: HOCHEGGERAPA/GEORG HOCHMUTH / APA-POOL
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Der Bankberater W. erklärte am 120. Verhandlungstag im „Buwog-Prozess“, wie einfach man einst Konten eröffnen konnte - und widersprach Peter Hochegger. Damit geriet dessen Teilgeständnis ins Wackeln.

Floss Geld aus der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 auf Umwegen an den ehemaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser, dessen Trauzeugen Walter Meischberger und den Immobilienmakler Ernst Karl Plech? Wem gehören die Konten „400.815“, „Karin“ und „Natalie"? Und muss man eigentlich nach Vaduz kommen, um Bankgeschäfte über die Hypo Investmentbank Liechtenstein (HIB) abzuwickeln, oder reicht es dafür, ein Hotel in Wien zu betreten? Fragen wie diese waren es, die sich der Bankberater Christoph W. am Dienstag am Wiener Landesgericht für Strafsachen von Richterin Marion Hoheneckern stellen lassen musste.

Der Reihe nach: Der frühere Lobbyist Peter Hochegger, der aktuell aufgrund eines Reha-Aufenthaltes nicht im Großen Schwurgerichtssaal zugegen ist, hatte im Dezember 2017 ein Teilgeständnis abgelegt. Dieses lautet wie folgt: Nach dem erfolgten „Buwog-Deal“ (nach zwei Bieterrunden erhielt das „Österreich-Konsortium“ für 961 Millionen Euro den Zuschlag) sei eine Provision in Höhe von einem Prozent des Kaufpreises geflossen – erst von einer Gesellschaft der Constantia Privatbank/Immofinanz auf Hocheggers zypriotische Briefkastenfirma „Astropolis“. Von dort wurden dann 80 Prozent auf Meischbergers Wunsch weitergeleitet.

Um dies abzuwickeln habe er, Hochegger, sich im Herbst 2005 mit dem HIB-Bankberater Christoph W. im Hotel am Stephansplatz in Wien getroffen, wo ihm dieser einen Zettel gezeigt habe, auf dem die Namen dreier Konten zu lesen waren: „Natalie“ für Meischberger, „Karin“ für Plech und „400.815", das „eurem Partner, dem Herrn Grasser“ gehöre, habe W. zu ihm gesagt, meinte Hochegger, der auf diese Offenbarung entsetzt reagiert haben will. Grasser, Meischberger und Plech bestritten dies bisher vehement; Meischberger gibt überdies an, Eigentümer der Konten zu sein (eines sei für seine kurz-, eines sei für die mittel- und eines für seine langfristige Lebensplanung gedacht gewesen).

„War üblich, den Weg des Geldes abzuschneiden"

Und auch W. widersprach am Dienstag Hochegger: „Hat es diesen Vorfall mit dem Zettel gegeben - ja oder nein?", wollte Richterin Hohenecker wissen. „Nein“, antwortete der Zeuge knapp, um dann auf Nachfrage hinzuzufügen: Ja, er habe Hochegger im Jahr 2005 durchaus in Österreich getroffen, „aber ich habe ihm sicher nicht so einen Zettel gezeigt". Und er gab Einblicke, wie „einfach“ Geldgeschäfte „damals“ vonstattengehen konnten: Meischberger habe für seine Konten nicht extra nach Vaduz, wo die HIB ihren Standpunkt habe, kommen müssen, immerhin sei W. alle paar Wochen in Wien gewesen. Hier habe man sich dann einfach in einem Hotel getroffen. Gelder seien durchaus „bar aus, bar ein“ weitergeleitet worden und woher diese kamen – etwa jene aus Zypern –, habe er erst gar nicht nachgefragt. Ob ihn solche Konstruktionen, dass eben Geld aus Zypern komme und weitergeleitet werde, nicht stutzig gemacht habe? Nein, meinte W. mehrmals, es sei nämlich „damals üblich“ gewesen, „den Weg abzuschneiden“ - „aus Diskretionsgründen". Das sei „ein normales Geschäft“ gewesen.

Allerdings: Ausgefüllt werden mussten die Kontounterlagen schon. Aber von wem? Das wisse er nicht mehr genau, sagte W. mehrfach. Immerhin sei das alles schon so lange her und er könne sich ja schon nicht einmal mehr daran erinnern, was er in der Vorwoche „mit meiner Frau beim Frühstück besprochen habe“. Fest steht: In den Unterlagen des Kontos „Karin" ist Plech als Inhaber ausgewiesen, seine Frau und sein Sohn als Bevollmächtigte – obgleich Meischberger beteuert, es habe sich um sein Konto gehandelt und jedenfalls um sein Geld, dass darauf war. Im Dokument stehe er zwar nicht, das Pseudonym „Karin" habe er aber ganz sicher höchstselbst in Blockbuchstaben darin eingefügt, betonte er in der Vergangenheit nicht nur einmal. W. sagte dazu heute, dass er „Karin“ zwar einst eröffnet, sein Kollege L. aber eigentlich für dessen Betreuung zuständig gewesen sei - man möge entsprechende Fragen daher bitte an diesen richten. Mit Sicherheit werde man das tun, versprach die Richterin.

Apropos sicher. Fest steht außerdem: Ein lang Verschollener findet sich wieder auf der Anklagebank: Der mitangeklagte Schweizer Vermögensberater Norbert W. war am 58. Verhandlungstag (mittlerweile ist der 120. angebrochen) das letzte Mal im Großen Schwurgerichtssaal anwesend, nun kehrte er hierher zurück.

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