Steiermark

Liederbuch-Affäre: Schützenhöfer mahnt Taten von Kunasek ein

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP)
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP)APA/INGRID KORNBERGER
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Landeshauptmann Schützenhöfer erwartet vom steirischen FPÖ-Chef Kunasek Taten. Indes wurde bekannt, dass sich das kritisierte Lied auch in katholischen Studenten-Liederbüchern findet.

Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) hat am Donnerstag betont, dass in der nun publik gewordenen „Liederbuch-Affäre" FPÖ-Chef Mario Kunasek „handeln muss". Als möglichen Koalitionspartner nach der Landtagswahl am 24. November schloss er die Freiheitlichen allerdings nicht dezidiert aus: „Es wäre hochmütig zu sagen, der oder der kommt nicht infrage. Wir werden sehen.“ Er wisse zwar nicht, welche Konsequenzen es bei der FPÖ geben werde (Generalsekretär Harald Vilimsky hatte von einer "Schmutzkübel-Kampagne" gesprochen, Kunasek meinte, er lehne solche Inhalte ab), aber „es besteht Handlungsbedarf", betonte Schützenhöfer jedenfalls. Und: Die Affäre mache eine „Zusammenarbeit mit der FPÖ schwieriger".

Er selbst sei „fassungslos", wenn er solche Liedtexte sehe oder höre, sagte Schützenhöfer. Die steirische FPÖ befinde sich nun in einer schwierigen Situation, denn sie wüsste, dass das schadet, aber „sie wissen, was zu tun ist, und sie werden es auch tun", meinte er.

Trotz Rücktrittsforderungen der restlichen Parteien stellten sich die Freiheitlichen am Donnerstag hinter den Abgeordneten Wolfgang Zanger, der Mitglied der betroffenen Verbindung "Pennales Corps Austria zu Knittelfeld" ist.

Schickhofer: Koalition "kommt mit dieser FPÖ nicht infrage"

Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer (SPÖ) sprach sich indes klar gegen eine Koalition mit den steirischen Blauen aus: „Das kommt mit dieser FPÖ nicht infrage", sagte er am Donnerstag. Für ihn haben die Freiheitlichen „mit dieser Einstellung und Durchblutung" nichts in der Landesregierung verloren. Auch er meinte, dass Kunasek „umgehend Konsequenzen ziehen" müsse.

Die grüne Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl forderte Kunasek ihrerseits neuerlich zu Konsequenzen auf. Die FPÖ gehe immer gleich damit um, „wenn einer der ihren im braunen Eck erwischt wird" - sie versuche es mit einer Schuldumkehr statt klare Konsequenzen zu ziehen. Diese Vorgangsweise sei „peinlich und widerlich", meinte Krautwaschl. 

"Hitler-Passage" auch in alten CV-Büchern

Unterdessen berichtete „oe24.at“, dass das Lied „Es lagen die alten Germanen" nicht nur in einem Liederbuch der Verbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld" aufgetaucht ist, sondern es sich auch im Österreichischen Kommersbuch des Österreichischen Cartellverbands (ÖCV) und im 1999 aufgelegten „Österreichischen Studenten-Liederbuch Gaudeamus" befindet. Besonders pikant: Schützenhöfer ist seit 2007 Ehrenmitglied der katholischen Schülerverbindung K.Ö.St.V. Markomannia-Eppenstein Graz und seit 2010 der K.Ö.M.L. Normannia-Graz - beide befinden sich im Mittelschüler-Kartell-Verband (MKV).

Das Kommersbuch ist dem Impressum zufolge „herausgegeben im Auftrag des Mittelschüler-Kartell-Verbandes der katholischen farbentragenden Studentenkorporationen Österreichs" (MKV), berichtete wiederum die „Kleine Zeitung". Die "Heil Hitler-"Passage ist in der Ausgabe von 1983 auf Seite 346 abgedruckt.

Auf eine entsprechende Anfrage hin, verwies Schützenhöfers Sprecher am Donnerstagnachmittag auf Christian Krainer, Vorsitzender des Altherrenlandesbundes Steiermark des ÖCV. Krainer bestätigt daraufhin, dass dieses Lied in früheren Auflagen des Kommersbuches zu finden war: „Es gibt drei Auflagen, eine von 1951, eine von 1983/1984 und eine von 2015. In letzterer ist das Lied gar nicht mehr enthalten, in jener von 1983 schon, aber mit einem Verweis auf den historischen Bezug."

Tatsächlich steht unter den Strophen: „Dieser parodistische Text zur älteren Melodie bespöttelt übertriebene Deutschtümelei, insbesondere Nazismus und Rassenlehre." Die Fassung sei übrigens „dem Jugendliederbuch des Franziskanerordens ('Der Bettelmusikant') entnommen".

Krainer zufolge dürften noch Ausgaben der Auflage 1983 im Umlauf sein, aber in den 35 Jahren, die er im ÖCV sei, habe er dieses Lied kein einziges Mal in einer Bude von jemandem singen gehört, versicherte er. "Wir distanzieren uns seit Jahren schon von der seinerzeitigen Version. Wir sind eine christliche und katholische Verbindung. Der ÖCV wurde selbst von den Nazis verfolgt und bildete Widerstand", so Krainer.

Burschenschaften betonen historischen Kontext

Der Sprecher der steirischen Korporationen hat ebenfalls betont, die Lieder seien "in einem historischen Zusammenhang zu sehen". "Sie wurde als Persiflage auf die Deutschtümelei geschrieben und sind längst abgelegter Teil der studentischen Geschichte", betonte Korporations-Sprecher Wolfgang Auf in einer Stellungnahme. "Jedenfalls werden diese Lieder bei den steirischen Burschenschaften und Corps nicht gesungen. Und ich hoffe, beim MKV ist es ebenso“. Auf betonte in seinem schriftlichen Statement gegenüber der APA, die deutschnationalen Verbindungen hätten, "nachdem ähnliche Texte im Liederbuch einer niederösterreichischen Burschenschaft - auch kurz vor Landtagswahlen - aufgetaucht sind, alle Archive durchforstet". Es sei "nicht auszuschließen, dass wir auch in Zukunft mit diesem Teil unserer Vergangenheit konfrontiert werden. Dem muss man sich schlicht stellen - und das betrifft nicht nur Burschenschaften".

Auf einen Blick

Im Landtagswahlkampf in Niederösterreich 2018 wurde ein 300 Seiten starkes Liederbuch der Verbindung „Germania zu Wiener Neustadt“ publik, das unter anderem die Zeilen enthielt: „Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.'“ Udo Landbauer, damals FPÖ-Spitzenkandidat und Mitglieder der Germania, beteuerte, von den Texten nichts gewusst zu haben, trat allerdings von allen politischen Funktionen zurück.

Nachdem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt wegen NS-Wiederbetätigung gegen vier Personen, die für die Zusammenstellung und Illustration der sichergestellten Liederbücher der Wiener Neustädter Burschenschaft verantwortlich zeichneten, im August eingestellt worden waren, kehrte Landbauer im Februar 2019 als Gemeinderat in die Wiener Neustädter Kommunalpolitik zurück. Er übernahm die Funktion des geschäftsführenden Obmanns des FPÖ-Landtagsklubs. Im September 2018 wurde Landbauer auch zum geschäftsführenden Landesparteiobmann bestellt.

Am 30. Oktober 2019 berichtete nun die „Kronen Zeitung“ über ein Kompendium aus dem Besitz der Verbindung „Pennales Corps Austria zu Knittelfeld" bekannt, das neonazistische, antisemitische und österreichfeindliche Texte enthält. Mitglied der Burschenschaft ist der steirische FPÖ-Nationalratsabgeordneter Wolfgang Zanger. Er will sich von dem Buch nicht distanzieren, denn: „Distanzieren kann ich mich nur von etwas, das ich selbst geschrieben, gesagt oder getan habe.“ 

>>> Bericht von „oe24.at“ 

>>> Bericht der „Kleinen Zeitung“ 

(APA/Red.)

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