US-Patrouille an türkischer Grenze zu Nordsyrien gesichtet

Gepanzerte US-Fahrzeuge wurden in der syrisch-türkischen Grenzstadt Qahtaniyah fotografiert.
Gepanzerte US-Fahrzeuge wurden in der syrisch-türkischen Grenzstadt Qahtaniyah fotografiert.APA/AFP/DELIL SOULEIMAN
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US-Präsident Trump hatte vor Wochen Abzug den US-amerikanischer Truppen angeordnet. Die Patroullie gemeinsam mit kurdischen Kräften widerspricht Vereinbarungen.

Drei Wochen nach dem Befehl von US-Präsident Donald Trump zum Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien sind nahe der türkischen Grenze wieder US-Soldaten auf Patrouille gegangen. Ein AFP-Reporter sah im Dorf Qahtaniyah östlich der Grenzstadt Qamishli fünf gepanzerte Fahrzeuge mit der US-Flagge.

Sie wurden begleitet von kurdischen Kämpfern der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), die seit Dienstag eigentlich das Gebiet verlassen haben sollten. Die Präsenz der US-Truppen und ihrer kurdischen Verbündeten so nahe an der türkischen Grenze überraschte Beobachter, da sie vorherigen Vereinbarungen widerspricht. Die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, die US-Truppen wollten in dem Gebiet östlich von Qamishli präsent bleiben, um zu verhindern, dass die russische Armee und die Truppen von Präsident Bashar al-Assad dort die Kontrolle übernehmen.

Trump hatte Anfang Oktober den Abzug der US-Truppen aus Nordsyrien angeordnet, die dort bis dahin die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) im Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) unterstützten. Die Türkei startete daraufhin mit verbündeten syrischen Milizen eine Offensive gegen die YPG, die zur Eroberung eines Grenzstreifens zwischen Tall Abyad und Ras al-Ayn führte.

Immer wieder Gefechte trotz Waffenruhe

Die kurdische Selbstverwaltung rief angesichts der Offensive die syrische Armee zu Hilfe, die daraufhin erstmals seit sieben Jahren wieder Truppen an die Grenze schickte. Nach acht Tagen vereinbarte die Türkei mit den USA eine Waffenruhe, um der YPG den Abzug aus dem Grenzgebiet zu erlauben. Später beschloss Ankara zudem mit Russland gemeinsame Patrouillen, um den Abzug der YPG aus der Region zu überprüfen.

Kurz vor Ablauf einer Frist am Dienstagabend verkündete Russland, dass sich alle kurdischen Einheiten auf 30 Kilometer von der Grenze zurückgezogen hätten. Daraufhin kündigte die Türkei an, ab Freitag in einer zehn Kilometer breiten Zone entlang der Grenze mit den vereinbarten gemeinsamen Patrouillen zu beginnen. Die Stadt Qamishli ist von den Patrouillen ausgenommen, doch nicht das Gebiet östlich davon.

Trotz der offiziell geltenden Waffenruhe gab es in den vergangenen zwei Wochen immer wieder blutige Gefechte. Am Dienstag kam es nahe der Stadt Ras al-Ayn erstmals zu direkten Kämpfen zwischen der türkischen Armee und den syrischen Regierungstruppen, bei denen sechs syrische Soldaten getötet wurden. Bei dem Gefecht wurden auch 18 Angehörige der Assad-Truppen von der Türkei gefangen genommen.

Assad will kurdischen Truppen in Militär aufnehmen

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar erklärte nun, die Türkei sei im Gespräch mit Russland über die Übergabe dieser 18 Gefangenen, "bei denen es sich dem Anschein nach um Mitglieder der Armee des Regimes handelt". Die Türkei hatte zuvor gewarnt, sie werde nicht akzeptieren, dass die YPG-Kämpfer einfach die "Kleidung wechseln" und in der Uniform der syrischen Armee im Grenzgebiet blieben.

Die syrische Regierung rief die kurdischen Kräfte am Mittwoch auf, sich der Armee und Polizei anzuschließen. "Das Oberkommando der Streitkräfte ist bereit, Mitglieder der SDF-Einheiten willkommen zu heißen, die sich ihren Rängen anschließen wollen", hieß es. Die SDF erklärten jedoch, vor einem Zusammenschluss bedürfe es einer "politischen Vereinbarung", die "den speziellen Status und die Struktur der SDF anerkennt und erhält".

Opposition hat Zweifel an Verfassungskomitee

UNO-Generalsekretär Antonio Guterres begrüßte unterdessen das Zusammentreten des syrischen Verfassungskomitees als Schritt zur Beendigung des Bürgerkrieges. "Ich hoffe, dass es sich um eine erste Etappe auf dem Weg zu einer politischen Lösung handelt, die dem tragischen Kapitel im Leben der Syrer ein Ende setzen und allen Syrern ermöglichen wird, freiwillig, in Sicherheit und Würde nach Hause zurückzukehren", sagte Guterres auf einer Konferenz in Istanbul. Nach jahrelanger Vorbereitung waren am Mittwoch in Genf erstmals Vertreter von Regierung, Opposition und Zivilgesellschaft zu Beratungen über eine Reform der Verfassung zusammengekommen.

Die syrische Opposition hält einen Erfolg des neu gegründeten Verfassungsausschusses nur dann für möglich, wenn Russland Druck auf die Regierung des Bürgerkriegslandes ausübt. "Ich glaube nicht, dass sich das Regime positiv einbringen wird", sagte der syrische Oppositionelle Jamal Sulaiman der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Genf.

Die Regierung von Präsident Assad beteiligt sich ihm zufolge generell nur widerwillig an dem Verfassungsausschuss. "Ohne russischen Druck wäre das Regime überhaupt nicht nach Genf gekommen", sagte Sulaiman, der als Vertreter der Opposition Mitglied des Verfassungsausschusses ist. Russland ist in dem Konflikt ein enger Verbündeter der Regierung.

(APA/dpa/AFP)

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