Bestattung

Trends am Friedhof: Digitalisierung und Natur

Megatrends am Friedhof: Digitalisierung und Natur
Megatrends am Friedhof: Digitalisierung und Natur(c) Getty Images
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Eine aktuelle Umfrage der Friedhöfe Wien GmbH zeigt: Die Bestattung ist im Wandel. Alternative Bestattungsformen sind für immer mehr Wienerinnen und Wiener vorstellbar.

„Ist eine alternative Bestattungsart für Sie vorstellbar?“, „Wie wichtig sind Zusatzleistungen der Friedhöfe Wien?" Oder „Wie zufrieden sind Sie mit den Friedhöfen der Friedhöfe Wien?"

Mit diesen Fragen wurden im Juli 800 Wienerinnen und Wiener ab 30 Jahren konfrontiert. Das Ergebnis: Die Bedeutung von alternativen Bestattungsformen, wie zum Beispiel einer Beisetzung auf einem Waldfriedhofe oder einem Urnengarten, etwa jenem der Feuerhalle Simmering, nimmt zu.

„Run“ auf Bäume

Konnten sich diese Bestattungsformen im Jahr 2015 nur 38 Prozent der Befragten vorstellen, liegt im Jahr 2019 der Anteil bereits bei 66 Prozent. Vorstellbar sind diese naturnahen Bestattungen vor allem bei jüngeren Menschen, weniger bei der Generation 60+.

Tatsächlich, so Renate Niklas, Geschäftsfüherin der Friedhöfe Wien GmbH, würden sich etwa 400 Menschen pro Jahr eine Naturbestattung wünschen. „Es wird aber laufend mehr.“ Einen „großen Run“ habe es auf Familien- und Freundschaftsbäume gegeben. „Wir haben 2017 in Stammersdorf zwölf Bäumen gepflanzt und 2018 mit dem Verkauf begonnen. Jetzt müssen wir nachpflanzen.“

Bei dieser Bestattungsform, wird immer öfter eine nicht verrottbare Urne nahe eines Baumes gepflanzt. Das entspreche dem Zeitalter der Globalisierung, wo Menschen vermehrt ihre Wohnorte wechseln würden: „Angehörige wollen Urnen der Verstorbenen mitnehmen können."

Knapp 1000 Euro kostet ein Baum, der von den Wiener Friedhöfen gepflegt wird. Für das Grab selbst ist ein Jahresfriedholfsentgelt von 170 Euro zu bezahlen. Waldgräber für zwei Urnen beginnen bei rund 80 Euro im Jahr.

Die Umfrage zeigt: Einer der Hauptgründe für das Interesse an naturnahen Bestattungen sei neben der Nähe zur Natur, der nicht vorhandene Pflegeaufwand. Für 86 Prozent der Befragten wäre dies für die Wahl einer Naturbestattungsanlage ausschlaggebend.

Trend: Hauptsache individuell

„Der Wunsch nach einer alternativen Bestattungsform ist Ausdruck der sich zunehmenden individualisierenden Gesellschaft. Es steht nicht mehr ausschließlich die Finanzierung, sondern die Art und Weise des Begräbnisses im Vordergrund, dem eine sehr romantische Vorstellung zu Grund liegt“, so Peter Hajek von Public Opinion Strategies, der die Umfrage durchgeführt hat.

»Es steht nicht mehr ausschließlich die Finanzierung, sondern die Art und Weise des Begräbnisses im Vordergrund«

Peter Hajek, Public Opinion Strategies

Auf dem Wiener Zentralfriedhof gibt es mittlerweile zwei Waldfriedhöfe: Einen Urnengarten mit gärtnerisch gepflegten Blütenstaudenbeeten und einem Wasserbassin auf dem Gelände des Friedhofes Feuerhalle Simmering, sowie Familien- und Freundschaftsbäume auf dem Stammersdorfer Zentralfriedhof. Zudem bieten die Friedhöfe Wien als letzte Ruhestätte auch Rasen- und Strauchgräber an.

Renaissance alter Usanzen

Niklas bemerkt auch einen Trend zu individuellen Formen der Bestattungszermonie. „Ob eigene Priester oder private Friedhofsredner, unser Job wird vermehrt sein, alles zuzulassen.“ War es früher üblich auf den Grabsteinen nicht nur Namen und Geburts- bzw. Sterbedaten des Verstorbenen zu hinterlassen, sondern auch auf Rang und Beruf hinzuweisen, sei ähnliches auch bei heutigen Bestattungszeremonien zu bemerken, sagt Niklas: „Wir haben Angehörige, die einen Sektproduzenten feierlich verabschieden, indem sie einen Sektausschank organisieren. Da müssen wir rundum so planen, dass sich niemand sonst in seiner Andacht gestört fühlt."

»Wir müssen dem Kunden mehr Selbstbestimmung bieten«

Renate Niklas, Friedhöfe Wien

Es sei nicht mehr zeitgemäß, dass Kunden zu festen Zeiten ins Büro  kommen müssen, um Dinge zu erledigen. „Wir müssen im Zuge der Digitalisierung mehr anbieten als die Amtsstunde. Wir müssen dem Kunden mehr Selbstbestimmung bieten.“

Ab 2020 soll sich in Punkto Digitalisierung noch einiges tun, so Niklas. „Die Erwartungen unserer Kunden ändern sich. Wir wollen unsere Kunden überraschen und ein modernes Service bieten, das es auf keinem europäischen Friedhof bisher gibt. Sie sollen staunen, wie positiv ein Friedhofsbesuch sein kann.“

Zur Info

46 Friedhöfe mit einer Gesamfläche von über 5 Quadratkilometern gehören zur Friedhöfe Wien GmbH. Neben den klassischen Bestattungsmöglichkeiten wie Erd-, Urnengräbern und Grüften gibt es mittlerweile zwei Waldfriedhöfe am Wiener Zentralfriedhof, Familien- und Freundschaftsbäume am Zentralfriedhof Stammersdorf oder etwa Rasen- und Strauchgräber z.B. am Friedhof Feuerhalle Simmering.

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