Die Erschließung der Bodenschätze im arktischen Gebiet wird für Russland immer wichtiger. Aber die Unterfangen sind riskant. Damit es dennoch wer wagt, hat Moskau nun beispiellose Anreize ausgeheckt. Erfolgt bald der große Aufbruch?
Genau 2376 Kilometer nordöstlich von Moskau entscheidet die Natur allein, ob sie Besuchern mit dem Flugzeug oder dem Hubschrauber Raum geben will. Wer sich nach Sabetta auf der Halbinsel Jamal aufmacht, muss schon einmal wegen dichten Nebels und starken Windes umkehren. Wer aber freundliche Witterung erwischt, sieht unter sich ein imposantes Geflecht von Mäandern, die sich als Abdruck des nach Wegen suchenden Wassers über Jahrmillionen in die frostige Tundra eingeprägt haben. Ab und zu queren Rentierherden die karge Landschaft nördlich des Polarkreises. Noch vor wenigen Jahren gehörte sie ihnen quasi allein – ehe Tausende Arbeiter die Erde aufwühlten und einen Hafen ans Ufer der arktischen Karasee bauten. Inzwischen verschifft das russische Vorzeigeunternehmen Novatek Flüssiggas von Sabetta über die Nordostpassage auf den Weltmarkt. Und 180 Kilometer weiter westlich holt sein staatlicher Konkurrent Gazprom den Rohstoff aus der Lagerstätte, um ihn über Pipelines nach Europa zu pumpen.
An Gas- und Ölvorkommen in diesen unwirtlichen Gegenden der Welt fehlt es nicht. Gerade auch unter dem vom Meer bedeckten Schelf lagern sie weitgehend unberührt. Allein, es findet sich nicht leicht jemand, der bisher so weit wie die beiden Konzerne gen Norden geht und im arktischen Gebiet aktiv wird. Auf dem russischen Schelf etwa seien in den vergangenen paar Jahren gerade einmal fünf Bohrlöcher gebohrt worden, während es im norwegischen 345 gewesen seien, klagte Juri Trutnev, zuständiger Minister für die Arktis, im Frühjahr. Zu unsicher sind offenbar die Bedingungen in Russland, zu unausgereift manche Technologie für die Offshoreförderung aus dem Meer, zu teuer die Investitionen. Und zu ungewiss, ob sie sich jemals rechnen werden.
Geht es nach dem Willen der Regierung, soll sich das schleunigst ändern. Vergangene Woche haben die einschlägigen Ministerien dazu eine große Einigung erzielt. Konkret wurden die Hauptprinzipien für staatliche Privilegien bei neuen Investitionsprojekten in der Arktis festgelegt, wie Trutnev mitteilte. Noch wird an Details für die fünf Gesetzesentwürfe, die besondere steuerliche Erleichterungen bringen sollen, gefeilt. Der endgültige Entwurf soll laut Trutnev in zwei, drei Wochen ins Parlament gehen, ehe es an Kremlchef Wladimir Putin liegt, die Gesetze zu unterschreiben.