Quergeschrieben

Nur schwer wird man die Geister des Hasses wieder los

Aufgestaute Emotionen, blinde Wut und Hass sind in der Politik für Verhandlungen nach einer Wahl hinderlich – oder richten sich gar gegen die eigenen Parteifreunde.

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Es ist Zeit, miteinander zu reden. Es ist Zeit, über ideologische Grenzen hinweg Vertrauen aufzubauen. Das hört man aktuell von Vertretern jener Parteien immer wieder, die über eine mögliche politische Zusammenarbeit Gespräche führen. Seit dem Ende von absoluten Mehrheiten ist es wenig überraschend, dass Parteien nach Wahlen Koalitionen bilden. Umso erstaunlicher war, dass im Wahlkampf mehr als üblich und nötig Feindbilder aufgebaut wurden, statt einen Wettbewerb der Ideen und Lösungen zu starten. Die Schmutzkübel flogen diesmal besonders tief, es wurde heftig geschmäht, gewütet und gehasst.

Wenig verwunderlich, dass es nach der Wahl schwierig war, in faire und sachliche Verhandlungen einzutreten. Es ist zwar üblich, dass man in Wahlkämpfen eine andere Wortwahl pflegt als gewöhnlich, aber diesmal gingen manche Protagonisten zu weit, die zugefügten Verletzungen waren tief.

Interessant ist, dass sich aufgestaute Emotionen, Wut und Hass weniger zwischen den Parteien entladen, als innerhalb der Wahlverlierer. So ist es in der SPÖ nicht mehr Sebastian Kurz, dem man Unfreundlichkeiten ausrichtet, sondern es sind die eigenen Parteigenossinnen und -genossen. Und wie zu erwarten, bekommt die Frau an der Spitze das meiste Fett ab. Tatsächlich hat sie eine Menge Fehler gemacht, ihre Personalauswahl ist extrem ungeschickt und ihre Selbstdarstellung wenig authentisch. Aber die Herren Genossen, die sich zu schade für die Rolle als Oppositionsführer waren, hatten gewusst, dass sie unerfahren war und keine Hausmacht besitzt.

Über Jahrzehnte war die FPÖ das absolute Feindbild der SPÖ, dann war es die Kurz-ÖVP. Dies und das ewige Beschwören der „Antifa“ waren letztlich alles, was die Partei (noch) zusammenhielt. Man hat sich über Jahrzehnte darauf konzentriert, wogegen man ist, aber nicht mehr darauf, wofür man steht und eintritt. Die ewig gleichen Schlagworte von „Gerechtigkeit“, „sozialer Wärme“ und „Solidarität“ klangen immer hohler. Sie schienen nur noch für einen recht engen Kreis von Nutznießern und Funktionären zu gelten. Das reichte von der billigen Sozialwohnung in Erbpacht für jene, die sie gar nicht benötigen, bis zu gut dotierten Jobs im öffentlichen Bereich und in der Politik. Dies führte zu einem Verlust an Glaubwürdigkeit, einer tiefen Krise und einer Abkehr von der SPÖ.

Dieser Mangel an Glaubwürdigkeit war es letztlich auch, der der FPÖ ihre Wahlniederlage bescherte. Auch in diesem Fall zeigte sich, wie rasch sich das Heraufbeschwören von Hass und das permanente Wutgeschrei gegen die eigene Partei richten kann. Auch die FPÖ sandte stets nur Negativbotschaften aus, legte den Fokus darauf, gegen wen und wogegen es aufzutreten gelte. Nach der katastrophalen Niederlage hat sich dann das alte Klischee von „Freund – Feind – Parteifreund“ wieder einmal eindrucksvoll bestätigt.

Auch die Grünen haben das Problem, dass sie neben der FPÖ vor allem Sebastian Kurz als Feindbild aufgebaut haben. Nun müssen sie ihren Anhängern erklären, dass der Beelzebub von gestern bald der Partner in einer politischen Ehe sein könnte. Ob bei diesem Schwenk alle mitgehen werden, ist fraglich und wird spannend.

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