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Rücktritt von Norbert Hofer gefordert

In Kalamitäten vor der steirischen Landtagswahl: FPÖ-Bundesparteichef Norbert Hofer.
In Kalamitäten vor der steirischen Landtagswahl: FPÖ-Bundesparteichef Norbert Hofer.APA/ERWIN SCHERIAU
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Das Liederbuch der Burschenschaft des Abgeordneten Wolfgang Zanger sorgt weiter für Aufregung. FPÖ-Chef Norbert Hofer stellte sich hinter ihn. Dafür geriet er selbst in die Kritik.

Wien. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG), Oskar Deutsch, forderte am Sonntag in der „Kronen Zeitung“ den Rücktritt von FPÖ-Chef Norbert Hofer als Dritter Präsident des Nationalrats. Hofer habe sich „disqualifiziert und muss umgehend von seinem Amt zurücktreten“.

Denn: „Den Worten folgen – wie so oft – keine Taten, es gibt keine Konsequenzen. Damit sind die Nazilieder ein FPÖ-Skandal.“ Der freiheitliche Abgeordnete Wolfgang Zanger selbst sei wegen fehlender Einsicht „untragbar“, solche Politiker fügten der Republik Österreich Schaden zu, so Deutsch.

Die freiheitlichen Generalsekretäre, Harald Vilimsky und Christian Hafenecker, haben die Rücktrittsaufforderung des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde danach „auf das Schärfste“ zurückgewiesen. Deutsch spreche hier nicht für die gesamte IKG, sondern als Einzelperson, meinten sie in einer Aussendung.

Und weiter: „Die Freiheitliche Partei hat in den letzten Jahren mehr als jede andere Partei in Österreich klargemacht, wie sehr sie die Verbrechen des Holocaust verurteilt und verabscheut und in Richtung der IKG immer wieder die Hand ausgestreckt. Wenn diese von Präsident Deutsch immer wieder zurückgeschlagen wird, zeigt das einmal mehr, dass es ihm nicht darum geht, das Verhältnis zur FPÖ zu normalisieren, sondern sie zu zerstören.“

Mit der Rücktrittsaufforderung gegen Norbert Hofer, „der bisher konsequent eine rote Linie zu unappetitlichen Umtrieben“ gezogen habe, sei eine Grenze überschritten worden. „Als demokratisch legitimierte Partei lassen wir uns von niemandem in ein Eck stellen, in das wir nicht gehören“, so die beiden Generalsekretäre.

Norbert Hofer selbst hatte sich in der Liederbuch-Affäre zuvor hinter seinen Abgeordneten Wolfgang Zanger gestellt: Er sehe keinen Grund, den steirischen Mandatar aus der Partei zu werfen. Der Inhalt des Liederbuchs sei „vulgärer und gefährlicher Müll“, aber man dürfe „einen Politiker nicht einfach in eine Nazi-Diskussion verwickeln, nur weil er vor 14 Jahren ein Buch geschenkt bekommen hat“, sagte Hofer ebenfalls in der „Krone“ am Sonntag.

Und auch der steirische FPÖ-Chef, Mario Kunasek, hält an seinem Landsmann fest. Er ortet einen Versuch, der FPÖ vor der Steiermark-Wahl zu schaden. „Das Muster ist bekannt: Ein paar Wochen vor der Wahl wird versucht, die FPÖ zu skandalisieren, und es wird alles daran gesetzt, Funktionäre, Kandidaten und damit natürlich auch mich in ein schlechtes Licht zu rücken. Jenen, die diese Kampagne gegen uns fahren, ist so gut wie jedes Mittel recht“, schrieb Kunasek auf seiner Facebook-Seite.

Wolfgang Zanger hatte das Liederbuch des Corps Austria zu Knittelfeld, dessen Mitglied er ist und das er auch bei sich zu Hause stehen hat, anfangs zu rechtfertigen versucht. Er habe das nicht geschrieben, also müsse er sich dafür auch nicht schämen. Am Wochenende meinte er dann auf Facebook, dass er die Geschmacklosigkeit einiger Textpassagen selbstverständlich entdeckt habe und sich deshalb dazu entschlossen habe, dieses Buch nicht zu verwenden, sondern es als zeithistorisches Dokument zu archivieren. „Wegwerfen war für mich keine Option, generell werfe ich keine Bücher in den Abfall. Dieses Buch war zu keiner Zeit in Verwendung, ich habe zu keinem Zeitpunkt daraus rezitiert oder gelesen, geschweige denn besagte Lieder gesungen.“ Er stehe auf dem Boden der Demokratie und habe mit dem Gedankengut totalitärer Systeme nichts am Hut, so Zanger.

 

Petition gegen Zanger

Am Sonntag veröffentlichten dann zahlreiche Kunstschaffende eine Petition unter dem Titel „Gegen Nazi-Liedgut und antisemitische Hetze“. Darin fordern die Unterzeichner – Autoren wie Elfriede Jelinek, Michael Köhlmeier, Gerhard Roth und Franzobel sowie Filmschaffende wie Karl Markovics, Erni Mangold oder Reinhold Bilgeri - die Offenlegung der Inhalte sämtlicher Liederbücher österreichischer Burschenschaften sowie den Rücktritt von Wolfgang Zanger. Für die ÖVP hatte schon Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl Zangers Rücktritt gefordert: Die Textpassagen würden zeigen, wie tief der Antisemitismus in der Zanger-Burschenschaft verankert sei. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.11.2019)