Mitreden

Zwischen Zölibat und Priestermangel: Welche Reformen braucht die Kirche?

Christoph Schönborn ist dafür, dass Verheiratete in Ausnahmefällen zu Priestern geweiht werden können. Am Zölibat hält er weiter fest, auch wenn die Kritik angesichts des Priestermangels immer größer wird. Diskutieren Sie mit!

Es tut sich etwas in der katholisches Kirche. Langsam, aber doch. So hielt die Amazonas-Synode vergangene Woche in ihrem Schlussdokument fest, dass Viri probati (Ältere, im Leben bewährte Männer) zu Priestern geweiht werden können - auch wenn sie verheiratet sind. Bindend ist das allerdings nicht: Das Dokument der Bischofskonferenz gilt als Empfehlung für Papst Franziskus. Auch der österreichische Kardinal Christoph Schönborn hat für den Vorschlag gestimmt. Die Grundform des priesterlichen Dienstes in der römisch-katholischen Kirche bleibe weiterhin die „Ehelosigkeit nach dem Vorbild Jesu", fügte Schönborn hinzu.

Fakt ist: Europa leidet an Priestermangel. Und viele Kritiker sehen den Zölibat als Hauptgrund dafür. Dabei gebe es dafür keinen Grund, meinte der Kirchenhistoriker Hubert Wolf im Gespräch mit der „Presse": „Wir haben in Teilen der Kirche, etwa in der Ostkirche, schon verheiratete Priester. Man würde also einfach nur etwas, was man in manchen Bereichen schon hat, in anderen Teilkirchen ermöglichen.“

»Das Untersagen der Empfängnisverhütung hat nur noch einen absurden Touch.«

Janko Ferk

Janko Ferk ist Jurist und Schriftsteller. Auch er tritt für die Abschaffung des Zölibats ein. Damit alleine sei es aber nicht getan. Er schrieb heuer in einem Gastkommentar für die „Presse“: „Die Lehren, die den Gläubigen über Sexualität vermittelt wurden, stammen aus Jahrhunderten vor uns und sind heute veraltet. Vor allem werden sie von – zum Zölibat verpflichteten – Männern selbst pervertiert.“ Weiter meint er: „Wen etwa kümmert noch das Verbot vorehelicher Sexualität. Und das Untersagen der Empfängnisverhütung hat im Zeitalter von Aids und Überbevölkerung nur noch einen absurden Touch."

Den Zölibat hält Psychologin Ulla Konrad, Mitglied der Opferschutzkommission, auf jeden Fall für „hinterfragenswert". In einem Interview mit Ulrike Weisersieht aber auch sie weit mehr Handlungsbedarf. Und damit meint sie nicht nur die Öffnung des Priesteramts für Frauen, denn das sei kein „Allheilmittel“. Konrad sagt: „Sexualität gehört mit Priestern in der Ausbildung reflektiert. Sexualität ist Teil des menschlichen Erlebens und gehört zur Gesundheit“.

»Wir erleben den Suizid einer Institution.«

Frédéric Martel

Dem würde der Journalist Frédéric Martel wohl zustimmen. Für ein Buch hat er jahrelang zu Homosexualität in der Kirche recherchierte. Sein Fazit: „Der Vatikan ist eine der größten homosexuellen Communitys der Welt“. Viele der Geistlichen würden am kirchlichen Keuschheitsgebot scheitern, so Martel, der Doppelmoral anklagt und ebenfalls auf eine Abschaffung des Zölibats pocht. Er schreibt „In Frankreich sterben jedes Jahr 800 Priester, 50 kommen nach. Wir erleben den Suizid einer Institution."

Nun ist Ihre Meinung gefragt: Welche Reformen braucht die Kirche? Würden Sie einen anderen Umgang mit Sexualität begrüßen? Soll der  Zölibat abgeschafft werden? Sollen Frauen Priesterinnern werden dürfen? Diskutieren Sie mit!

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