Crashkurs Arbeitsrecht

Kann ich meinen Papamonat durchsetzen, wenn der Dienstgeber nicht begeistert ist?

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Folge 72. Lukas F. und seine Lebensgefährtin erwarten ihr erstes gemeinsames Kind mit errechnetem Geburtstermin am 14. Februar 2020. Lukas F. möchte jedenfalls den Papamonat in Anspruch nehmen. Von Arbeitskollegen weiß er jedoch, dass sein Dienstgeber den nicht „genehmigen“ wolle und Gerüchten zufolge sogar mit Kündigung drohe. Lukas F. kann es sich nicht leisten kann, seinen Job zu verlieren. Nun fragt er sich einerseits, wie hoch das Risiko einer Dienstgeber‑Kündigung ist und andererseits, ob es finanzielle Unterstützung während des Papamonats gibt.

Mit 1. September 2019 ist eine Neuregelung des Väterkarenzgesetzes in Kraft getreten: Künftig steht Vätern ein Anspruch auf Freistellung anlässlich der Geburt eines Kindes zu. Dies gilt für Geburten, deren errechneter Geburtstermin frühestens drei Monate nach dem Inkrafttreten liegt. Liegt der errechnete Geburtstermin innerhalb des dreimonatigen Zeitraums nach dem Inkrafttreten, so gilt die Regelung mit der Maßgabe, dass die Vorankündigungsfrist unterschritten werden darf. Der Papamonat kann daher auch beansprucht werden, wenn der errechnete Geburtstermin vor dem 1. Dezember 2019 liegt.

Bislang war ein genereller Anspruch auf den Papamonat nicht gegeben. Lediglich in wenigen Bereichen wie im öffentlichen Dienst und nach manchen Kollektivverträgen war ein sogenannter Anspruch auf Familienzeit oder Väterfrühkarenz vorgesehen.

Gemäß der neuen Regelung hat der Dienstnehmer nunmehr Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistung (gegen Entfall des Entgeltes) im Ausmaß von einem Monat im Zeitraum von der Geburt seines Kindes bis zum Ablauf des Beschäftigungsverbotes der Mutter (idR mit dem Ablauf von acht bzw. bei Früh-, Mehrlings- oder Kaiserschnittgeburten zwölf Wochen nach der Geburt des Kindes). Es ist somit klargestellt, dass der Papamonat ausschließlich in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Geburt des Kindes beansprucht werden kann. Ansprüche auf Dienstfreistellung, die aus dem Gesetz, Kollektivvertrag oder Einzelvertrag resultieren, sind auf den Anspruch auf Freistellung nicht anzurechnen.

Voraussetzungen für den Anspruch sind ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind und die Bekanntgabe des ungefähren Beginns der Freistellung spätestens drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin. In weiterer Folge hat der Dienstnehmer dem Dienstgeber die Geburt des Kindes unverzüglich mitzuteilen und spätestens eine Woche nach der Geburt den Antrittszeitpunkt bekanntzugeben. Kann die Vorankündigung aufgrund einer Frühgeburt nicht erfolgen, so ist die Geburt unverzüglich anzuzeigen. Für den Anspruch auf Freistellung hat der Dienstnehmer grundsätzlich drei Schritte zu setzen:

1.    Vorankündigung der Inanspruchnahme spätestens drei Monate vor dem errechneten Geburtstermin

2.    Unverzügliche Bekanntgabe der Geburt

3.    Bekanntgabe des genauen Antrittszeitpunktes spätestens eine Woche nach der Geburt

Lukas F. muss somit bei errechnetem Geburtstermin am 14. Februar 2020 darauf achten, den ungefähren Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Papamonats zumindest drei Monate im Vorhinein, also bis spätestens 14. November 2019, seinem Dienstgeber voranzukündigen und die tatsächliche Geburt unverzüglich anzuzeigen. Gibt Lukas F. spätestens eine Woche nach der Geburt den Antrittszeitpunkt seines Papamonats bekannt, kann sein Dienstgeber ihm die Inanspruchnahme nicht verwehren. Von einer Genehmigung des Papamonats durch den Dienstgeber ist Lukas F. somit nicht abhängig.

Kündigungs- und Entlassungsschutz

Der Dienstnehmer genießt ab Vorankündigung, frühestens jedoch vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin bis vier Wochen nach dem Ende der Freistellung, Kündigungs- und Entlassungsschutz. Die Möglichkeit der Dienstgeber-Kündigung bzw. Entlassung ist in diesem Zeitraum von der Zustimmung des Gerichtes abhängig.

Lukas F. kann somit ab Vorankündigung bis vier Wochen nach Beendigung der Freistellung nur mit Zustimmung des Gerichtes von seinem Dienstgeber gekündigt werden.

Familienzeitbonus

Während des Papamonats hat der Vater Anspruch auf Familienzeitbonus. Dieser beläuft sich derzeit auf EUR 22,60 täglich und wird ausschließlich für eine Dauer von 28 bis 31 aufeinanderfolgenden Kalendertagen innerhalb eines Zeitraumes von 91 Tagen ab der Geburt gewährt.

Auch dieser Anspruch besteht nur, wenn der Vater mit dem Kind im selben Haushalt lebt. Während des Krankenhausaufenthaltes von Mutter und Kind nach der Geburt ist ein gemeinsamer Haushalt nicht gegeben. Nur im Fall eines medizinisch indizierten Krankenhausaufenthaltes des Kindes bei persönlicher Pflege und Betreuung des Kindes durch den Vater und den anderen Elternteil jeweils im Mindestausmaß von durchschnittlich vier Stunden täglich ist der gemeinsame Haushalt weiterhin gegeben.

Der Dienstgeber hat den Dienstnehmer bei Inanspruchnahme des Papamonats taggenau von der Sozialversicherung abzumelden und bei Wiederaufnahme der Tätigkeit wieder anzumelden. Während des Bezuges des Familienzeitbonus ist der Dienstnehmer kranken- und pensions-, nicht jedoch unfallversichert.

Lukas F. kann somit während des Papamonats Familienzeitbonus beantragen und ist zudem kranken- und pensionsversichert.

Fazit

Sofern Lukas F. seinen Benachrichtigungspflichten dem Dienstgeber gegenüber fristgerecht nachkommt, ist eine Genehmigung des Papamonats durch den Dienstgeber nicht erforderlich. Eine Kündigung des Dienstgebers ab Vorankündigung der Inanspruchnahme des Papamonats bis vier Wochen nach Beendigung der Freistellung ist ohne Zustimmung des Gerichtes unwirksam. Während des Papamonats kann Lukas F. Famlilienzeitbonus beantragen. Dieser beläuft sich auf derzeit EUR 22,60 täglich und gewährt überdies eine aufrechte Kranken- und Pensionsversicherung während der Dauer des Papamonats.

Dr. Roland Heinrich ist Rechtsanwalt und Partner bei Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH (SCWP Schindhelm) am Standort Wels mit Schwerpunkt im Bereich des Arbeitsrechts.

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