Kleines Hirn, sozial komplex: Perlhuhn gibt Rätsel auf

Geierperlhuhn.
Geierperlhuhn.(c) imago stock&people (imago stock&people)
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Vögel ordnen Hunderte Artgenossen fixen Gruppen zu – aber wozu?

Da hat sich die Forschung geirrt. Bisher gingen Zoologen fest davon aus, dass nur Säugetiere mit großem Gehirn komplexe soziale Strukturen ausbilden: Affen, Elefanten, Delfine, Wale, Giraffen – und natürlich wir Menschen. Aber nun zeigen mehrjährige Beobachtungen von Geierperlhühnern in Kenia (Current Biology, 4. 11.): Die können das auch – obwohl sie, wie alle Hühner, so wenig Neuronen im Kopf haben wie viel kleinere Singvögel.

Die Tiere bilden Gruppen von 13 bis 65 Männchen und Weibchen, die fix zusammenbleiben und sich maximal 30 Meter voneinander entfernen. Paare sondern sich zum Kinderkriegen ab und kommen nach ein, zwei Monaten zu ihrer Gruppe zurück. Die größte Überraschung für das Team der Uni Konstanz und des dortigen Max-Planck-Instituts, das die Tiere markierte und mit GPS ausstattete: Auch zwischen den Großgruppen gibt es Kontakte, aber nicht zwischen allen. Worauf diese Präferenzen beruhen, bleibt schleierhaft. Oft wählen bis zu fünf Gruppen einen gemeinsamen Schlafplatz, aber nach dem Aufwachen in der Früh formieren sich die „Clans“ exakt wie am Vortag. Das heißt: Die Tiere müssen Hunderte Artgenossen unterscheiden und sozial zuordnen können. Bei ihren geringen kognitiven Kompetenzen erfordert dies relativ viel Energie. Die Gesellschaftsbildung muss also aus evolutionärer Sicht einen wichtigen Zweck erfüllen – aber welchen? Es ist jedenfalls gut möglich, dass es solche Strukturen bei weit mehr Arten gibt als bisher vermutet. Wobei Acryllium vulturinum doch ein besonderer Fall ist: Nach ihrer Abstammung ähneln diese Tiere eher den Dinosauriern als anderen Vögeln. (gau)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2019)

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