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Vier-Tage-Woche: Hatte Keynes doch recht?

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Es war ein bemerkenswertes Experiment mit einem noch bemerkenswerteren Ergebnis.

Es war ein bemerkenswertes Experiment mit einem noch bemerkenswerteren Ergebnis. Im August führte Microsoft in Japan testweise die Vier-Tage-Arbeitswoche ein. Jeden Freitag bekamen die 2300 Beschäftigten frei. Die Folge: Die Produktivität der Mitarbeiter erhöhte sich um 40 Prozent!

Nun reden wir von den bekannt fleißigen Japanern, die vielleicht von Montag bis Donnerstag durchgearbeitet oder zu Hause in ihrer Freizeit programmiert haben. Das Ergebnis passt aber jedenfalls zu Erfahrungen, die auch andere Unternehmen gemacht haben: Kürzt man die Arbeitszeit, wird weniger Zeit mit kollegialen Plaudereien, mit privaten Telefongesprächen, mit Internetsurfen, mit Kaffeemachen verbracht. Die Menschen machen, was sie eigentlich machen sollten: Sie arbeiten.
Die Frage ist freilich, ob sie das auch dann noch tun, wenn die Vier-Tage-Arbeitswoche zum Dauerzustand wird. Ob man nicht dann wieder in den Alltagstrott mit kollegialen Plaudereien und Internetsurfen verfällt und die Produktivität dadurch wieder sinkt?

Oder vielleicht hatte doch John Maynard Keynes recht, der meinte, im Jahr 2030 würden die Menschen überhaupt nur noch 15 Stunden pro Woche arbeiten müssen. Die größte Sorge sei dann, „wie man die Freizeit ausfüllen soll“.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2019)

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