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Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger teils verfassungswidrig

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Verstoßen Sozialleistungsempfänger gegen Auflagen, dürfen ihnen die Zuschüsse nicht zu 60 Prozent oder gar komplett gestrichen werden, urteilt das deutsche Verfassungsgericht.

Wie sollen Deutsche, die gegen Hartz-IV-Auflagen verstoßen, sanktioniert werden? Jahrelang diskutierten deutsche Politiker über Strafen für Empfänger der Grundsicherung für Arbeitssuchende. Und am Dienstag urteilte das deutsche Verfassungsgericht in Karlsruhe: Bisherige Sanktionen waren teils verfassungswidrig. Kürzungen bei Verstößen gegen die Auflagen sind nunmehr um maximal 30 Prozent möglich. Bisher gängige Kürzungen um 60 oder sogar 100 Prozent verstoßen gegen die Verfassung, verkündete der Vizepräsident des Gerichts, Stephan Harbarth.

HartzIV-Leistungen betragen gegenwärtig 424 Euro für Alleinstehende. Wenn Empfänger der Sozialleistung Jobs oder Fördermaßnahmen ablehnen, wird die Leistung laut Gesetz drei Monate lang um 30 Prozent gekürzt. Im Wiederholungsfall konnten Verstöße bis zur Streichung des gesamten Arbeitslosengeldes II wie auch zur Erstattung der Miet- und Heizkosten führen.

Konkret ging es um einen Fall, den das Sozialgericht Gotha dem Verfassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt hatte. Das Gericht in Thüringen hielt die Regelungen für verfassungswidrig, unter anderem weil dadurch in das Recht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum eingegriffen werde. Geklagt hatte ein Arbeitsloser, dem vom damaligen monatlichen Regelsatz in Höhe von 391 Euro 117 Euro abgezogen wurden, weil er einen Job als Lagerarbeiter abgelehnt hatte; er wollte in den Verkauf.

Nur kleiner Teil der Bezieher betroffen

Die Sanktionen treffen nur einen kleinen Teil der Hartz-IV-Bezieher. Im Verlauf des vorigen Jahres wurde laut Bundesagentur für Arbeit gegen 8,5 Prozent der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mindestens eine Sanktion verhängt. Rund drei Viertel der Sanktionen betreffen weniger gravierende Verstöße wie etwa unentschuldigt versäumte Termine im Jobcenter.

Der Erste Senat hatte nur über Regelungen zu entscheiden, die für über 25-jährige Langzeitarbeitslose gelten. Für unter 25-Jährige sind die Sanktionen härter. Sie waren aber nicht Gegenstand des Verfahrens. Nicht überprüft wurde zudem der Abzug von zehn Prozent, der erfolgt, wenn ein Leistungsempfänger nicht zum Termin im Jobcenter erscheint.

(Reuters/red.)

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