Randerscheinung

Der Vegetarier-Sohn

(c) Carolina Frank
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Der Jüngste, der Extrawurst geliebt hat, isst keine mehr, seit der Vegetarier-Sohn ihm ein paar Sachen über Würste im Allgemeinen und Extrawurst im Besonderen erzählt hat.

Der Jüngste und ich stehen vor der Fischvitrine im Supermarkt. „Sollen wir einmal einen Fisch mit Augen nehmen?", sagt der Bub und zeigt auf eine ganze Forelle, die da zwischen den vielen Fischfilets herumliegt. „Willst du?", frag ich ihn. „Nein, das ist grauslich. Kann man die Augen eigentlich mitessen?" „Man isst zwar mit den Augen, aber man isst die Augen nicht mit", antworte ich und habe den Verdacht, ich verschwende mein Talent beim Einkaufen. Wenn der Mittlere nicht da ist, gibt es nämlich Fisch. Also nicht immer, aber ab und zu. Natürlich könnten wir auch Fisch machen, wenn der Mittlere da ist, und er würde sich dann eben am vegetarischen Drum­herum satt essen. Aber erstens ist es unangenehm, wenn einer am Tisch sitzt, den es graust, und zweitens ist es unangenehm, wenn einer am Tisch sitzt, der so lang etwas von „tote Tiere essen" murmelt, bis allen anderen der Appetit vergangen ist. Und das wirkt nämlich schon.

Der Jüngste, der Extrawurst geliebt hat, isst zum Beispiel keine mehr, seit der Vegetarier-Sohn ihm ein paar Sachen über Würste im Allgemeinen und Extrawurst im Besonderen erzählt hat. Und auch die Weihnachtsfondue-Diskussion hat schon begonnen. Der Mittlere hat vorgeschlagen, einmal etwas anderes zu machen (das gab es übrigens schon oft, aber der Jüngste kann sich daran nicht mehr erinnern, für ihn gehört Fleisch-fondue zum Christkind und basta), der Jüngste weist das empört zurück und meint, der Mittlere könne ja einen Brokkoli hineinhängen und warten, bis der durch ist. Na ja, es sind ja noch ein paar Wochen bis dahin. Inzwischen sind wir mit unserem Einkaufswagerl samt Fisch ohne Augen auf dem Weg zur Kassa. Und ich denke mir, das nächste Mal essen wir wieder etwas, das nie Augen hatte, auch wenn der Mittlere nicht da ist.

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