Schmied: "Weiterer Stein auf Weg zur Gesamtschule"

(c) Michaela Bruckberger
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SPÖ-Unterrichtsministerin Schmied will mit Ministerin Karl durchstarten. Schüler sollen künftig zwischen Kursen wechseln, Nachhilfe soll bald Geschichte sein, so die Ministerin im Gespräch mit der "Presse".

„Die Presse“: Wie geht es Ihnen, nachdem der oberösterreichische Landesschulratspräsident Enzenhofer und der Wirtschaftsbund für eine Gesamtschule plädiert haben?


Claudia Schmied: Das sind natürlich gute Nachrichten. Ich sehe das als weitere Mosaiksteine auf dem Weg zu einer Gesamtschule.


Sehen Sie diese schon umgesetzt?


Schmied: Von umgesetzt kann noch keine Rede sein. Da braucht es die Entscheidung des Regierungspartners, dann geht es um Leistung und Qualität und um entsprechende Umsetzungsmaßnahmen.


Was genau ist notwendig?


Schmied: Wir müssen individuell auf die Begabungen und Talente der Schüler eingehen. Am Beginn braucht es eine Bestandsaufnahme: Wie ist die Ausgangslage des Schülers? Das gelingt mit den Bildungsstandards in der vierten Schulstufe. Der Unterricht muss genau auf die Schüler abgestimmt sein.


Braucht es zum Beispiel ein Kurssystem? Oder Leistungsgruppen?


Schmied: Entscheidend ist, dass der einzelne Schüler nicht als Person einer Leistungsgruppe zugeordnet wird, sondern dass er individuell gefördert wird. Das heißt, Gruppen können fachbezogen temporär zusammengestellt werden.


Bedeutet das als nächsten Schritt das Ende des Durchfallens?


Schmied: Ziel ist die individuelle Förderung. Qualität und Leistung müssen aber, insbesondere am Übergang zur Sekundarstufe II, selbstverständlich erreicht sein. Nachhilfe soll sich erübrigen.
Wie schnell kann die Gesamtschule kommen, sollte sich die ÖVP bis Herbst darauf einigen?
Schmied: Weil es Begleitmaßnahmen vor allem bei Dienstrecht und Schulerhaltung braucht, müssen wir mit einer Umstellungsphase von einigen Schuljahren rechnen.


Sind mehr Lehrer notwendig?


Schmied: Nein. Das schaffen wir gut mit dem generellen Projekt der kleineren Klassen. Auch dank der Bildung und Fortbildung an den Pädagogischen Hochschulen werden die Lehrer gut vorbereitet.


Braucht es mehr Geld?


Schmied: Die Neue Mittelschule (Schulversuch zur Gesamtschule bis 14, Anm.) hat natürlich neue Aufgaben, das ist an 320 Standorten auch finanziell berücksichtigt. Kommt die generelle Umstellung, braucht es eine neue Bewertung. Eine neue Regelung zwischen Bund und Ländern, was den Finanztransfer betrifft, ist erforderlich. Mit Übergangslösungen bis 2013, also bis zum nächsten Finanzausgleich.


Glauben Sie persönlich, dass die ÖVP Ja zur Gesamtschule sagen wird?


Schmied: Ich würde mich sehr freuen, wenn wir das Thema im Herbst intensiv angehen könnten.


Sehen Sie sich mit ÖVP-Ministerin Karl schon auf einer Linie? Wird die Gesamtschule unter Anleitung eines weiblichen Duos kommen?


Schmied: Ich bin zuversichtlich, dass wir beide einiges auf die Beine stellen. Dass wir beide das wollen, haben wir ja gesagt. Es fehlt noch die Grundsatzentscheidung der ÖVP.


Karl wünscht sich ein Entgegenkommen der SPÖ, sollte sich die ÖVP bei der Gesamtschule bewegen. Was käme infrage? Die Wiedereinführung der Studiengebühren?


Schmied: Studiengebühren sind undenkbar. Aber bei der Studieneingangsphase könnte uns in der Regierung ein Qualitäts- und Leistungssprung gelingen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2010)

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