Eingebettet. Das Resort Bawah liegt paradiesisch mitten in der Natur.
Inselparadies Bawah

Singapur: Die Testinsel für Millionäre

In Singapur wuseln Millionen von Menschen und 450.000 Millionäre. Für solche schuf ein Reeder des Stadtstaates auf einem kleinen Archipel ein nachhaltig errichtetes und funktionierendes Urlaubsparadies aus Bambus.

Irgendwo im weiten Südchinesischen Meer zwischen Indonesien, Borneo und Malaysia liegt ein Inselatoll, wie es Robert Louis Stevenson sich für seine „Schatzinsel" nicht besser hätte vorstellen können. Dicht am Äquator, tiefgrüner Dschungel, bizarre Felsen, rundum nichts. Außer Meer, von tintenblau bis erbsengrün. Es ist wirklich weit, weit weg. Von allem. Doch wie es der Zufall wollte, segelte ein irischstämmiger Reeder aus Singapur mit Freunden an dieser kleinen Inselgruppe, dem Anambas-Archipel, vorbei. Für eine dieser Inseln, Bawah, 300 Kilometer östlich von Singapur, hatte Tim Hartnoll eine Vision: Ein nachhaltig gestaltetes Urlaubsparadies für gestresste Reiche, die aus Singapur und anderen menschendurchwuselten asiatischen Metropolen flüchten wollen.

Singapur ist eigentlich eine nur 700 Quadratkilometer große Insel, die über 60 kleine Inseln durch Brücken mit Malaysia verbunden ist, die sauberste und sicherste Stadt der Welt mit einem faszinierenden Völkergemisch. Ihren Namen verdankt sie einem kurzsichtigen oder verwirrten Prinzen aus Sumatra, der dort irgendwann im 14.  Jahrhundert einen Löwen gesehen haben wollte. Singha ist im Sanskrit der Löwe. Den Reichtum dankt Singapur Sir Stamford Raffles, der Anfang des 19. Jahrhunderts für die East India Company die Welt bereiste, nach nützlichen Häfen Ausschau hielt, hier einen fand, den er für ausbaufähig hielt und das Gebiet einem Sultan um 60.000 spanische Dollar abkaufte.

Faszinierend. Singapur ist eine bunte Religionen- und Menschenmixtur.
Faszinierend. Singapur ist eine bunte Religionen- und Menschenmixtur.(c) Singapore Tourism Board

Das Klima hat sich seither nicht geändert, es ist drückend schwül, und zwar das ganze Jahr hindurch, 30 Grad und fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit sind gewöhnungsbedürftig. Doch weder Moskitos, die unbarmherzig bekämpft werden, noch Schlangen und nicht einmal der Platzmangel (Singapur ist nach Monaco das am dichtesten besiedelte Land der Erde, fast 6500 Menschen wohnen hier auf einem Quadratkilometer, setzen den Singapurianern Wachstumsgrenzen: 5,7 Millionen, meist wohlhabende, Einwohner und fast 450.000 Millionäre – das gibt es sonst nirgends auf der Welt. Und unverfroren zeigt man allen, wie man Geld machen und was man mit Geld alles machen kann. Man kann zum Beispiel eine Skyline aus dem Meer aufragen lassen, die ständig wächst, nicht nur in die Höhe, sondern auch ins Meer hinaus, wo man Sand aufschüttet und als einen der teuersten Baugründe der Welt verkauft. Aber Singapur ist auch üppig grün und voller überraschender Ecken, die man am besten mit den billigen Taxis erreicht. Little India mit Hindutempeln, Chinatown, der Buddhatempel mit Buddhazahn-Reliquie und das muslimische Viertel Kampong Glam mit Moschee und ehemaligem Sultanspalast, heute ein Volkskundemuseum, grenzen friedlich aneinander.

Orchideenvielfalt. Die moderne Architektur mit ihren Pools auf dem Dach faszinieren ebenso wie die bis zur Spitze grün bewachsenen Wolkenkratzer mit künstlichen Baumskulpturen und Riesenhotels. Dazwischen wuseln Busse mit Dachgarten – seit Mai dieses Jahres ein weiterer Beitrag zur Begrünung der Stadt. Hier gibt es auch Gärten mit einer unglaublichen Orchideenvielfalt (Tipp: Frühstücken bei Halia im Botanischen Garten mit Regenwald-Lodge-Gefühl), Tages- und eigene Nachtzoos, Wasservergnügungsparks, Trekkingwege durch Naturschutzdschungel, in dem seltene Tierarten wieder aufgepäppelt werden. Neuerdings kann man das Istana, den ehemaligen Präsidentensitz, vormals das Government House der englischen Regierung, besichtigen und den riesigen englisch-orientalischen Garten durchwandeln. Zwei kleinere Hotels im Spazierzentrum, wo man das alte Singapur noch erlebt, sind die beiden Six-Senses-Hotels, das Maxwell und das Duxton, beide trotz der Enge interessant und bemüht nachhaltig gestaltet: Das Maxwell, eher altfranzösisch gehalten, hat sogar einen Swimmingpool, für diesen Stadtteil ungewöhnlich, und das Duxton, elegant-chinesisch, einen chinesischen Arzt, der Gästen Pulsdiagnostik und Klangschalenerlebnisse anbietet. Zur Einstimmung auf Bawah bietet sich speziell das Maxwell inmitten von Chinatown an. Dafür hat man einen ganzen Häuserblock, der aus vielen kleinen, typischen Shop Houses bestand, beeindruckend aus- und zu einem eleganten Hotel umgebaut, besonders umweltfreundlich geführt, trotzdem mit allem Luxus ausgestattet – ein in Bawah wiederkehrendes Thema.

Nahrhaft. In den Hawker Markets wird
Nahrhaft. In den Hawker Markets wird (c) Singapore Tourism Board/Marklin Ang

Singapur-Neulinge sollten auch Ausflüge zu den kleinen, noch ursprünglichen Inseln wie Pulau Ubin nicht versäumen. Es gibt ungeheuer viel zu sehen in dieser bunten Stil-, Religionen- und Menschenmixtur Singapur, zu riechen und zu essen. Unbedingt sollte man auch die Wet Markets besuchen, wo alle Gerüche dieser Welt sich mischen, wo die Einheimischen kaufen, was man so täglich braucht, vom Hosenknopf bis zum lebenden Frosch, sowie die Hawker Markets, überdachte Food-Malls, in denen ständig, Tag und Nacht, gekocht und gegessen wird. In diesem Gewusel wird man kaum jemanden treffen, der träumerische Erzählungen über die Ausnahmeinsel Bawah von Tim Hartnoll mit einem „Ach, da war ich auch schon" entwertet.

Doppelte Freude. Tim und seine Frau Susan, die aus Jersey stammt, verliebten sich also in Bawah und die anderen fünf Inselchen des Atolls. Einfach war es nicht, aber schließlich konnten sie die Inselgruppe erwerben. Und da geteilte Freude doppelte Freude ist, wollten sie auch andere dieses Paradies erleben lassen. Aber ohne es zu zerstören. Eine Gratwanderung. Wie kann man Luxus naturnah und nachhaltig gestalten? Nach sechs Jahren und 30  Millionen Dollar an Investitionen wurde das Resort vor einigen Monaten eröffnet, aber noch lang nicht wirklich vollendet. Ständig wird probiert und getestet, wie man es noch besser, noch nachhaltiger gestalten kann.

Die Verwirklichung von Tims Vision, ein Naturparadies zu nützen, ohne ihm die Unschuld zu nehmen, brauchte viele Gespräche, die Auswertung der Erfahrungen vergleichbarer Resorts und das Sammeln wissenschaftlicher Daten zum Thema Umweltschutz, Biodiversität oder Abfallmanagement. Alle diese Überlegungen stecken in dem Design und der Organisation, in jedem Detail. Von den Trinkhalmen, Bechern und Zahnbürsten aus Bambus bis zu der Wiederverwertung und Aufbereitung des kostbaren Wassers. Solarnutzung ist selbstverständlich. Die Wäsche wird mit abbaubarem Waschmittel gewaschen, unvermeidliches Plastik wird zu Granulat verarbeitet und dem Beton beigemengt, Glas eingeschmolzen, Küchenabfälle werden kompostiert. Das Ziel ist, irgendwann Carbon-negativ zu werden.

Aromatisch. In den Wet ­Markets mischen sich die Gerüche der ganzen Welt.
Aromatisch. In den Wet ­Markets mischen sich die Gerüche der ganzen Welt.(c) (c) Singapore Tourism Board

Schon beim Bau der in die Natur geschmiegten Anlage war man höchst sorgsam: Der beauftragte Architekt Sim Boon Jang, der in dieser Weltgegend schon viele bemerkenswerte Bauten designte, verzichtete auf schwere Maschinen, um den Pflanzenbewuchs – manche der Bäume sind 600 Jahre alt – nicht zu zerstören. Er arbeitete „mittelalterlich", wie er es nennt, mit Handwerkern und dem Material, das hier heimisch ist. Felsen wurden mit Hammer und Meißel bearbeitet, die mächtigen Bambusstäbe aus dem nahen Asien eingeschifft. Nicht nur die Strand- und Wasservillen, auch die Gemeinschaftsgebäude, die Restaurants und Bars wurden nach indonesischer Tradition ohne Nägel zusammengefügt. Andere Materialien sind Schwemmholz, recyceltes Teakholz, Palmblätter und Kupfer (Badewannen, Waschbecken), aber Bambus dominiert.

Zur Achtsamkeit gehört auch das Vorhaben, möglichst viel Gemüse und Obst anzubauen. Bogor Teguh, der junge Absolvent einer Landwirtschafts-Uni, ist dafür verantwortlich. Dünger, Insektizide und Pestizide stellt er selbst her. Jeder Quadratzentimeter wird genützt, vor den Unterkünften der 19 Mitarbeiter ranken schon Bohnen und Gurken, Melanzani und Pak Choi. Orangen und Kohl will er dem Koch liefern können, Salat und Paradeiser. Das alles muss jetzt noch per Schiff transportiert werden, das etwa 24 Stunden vom Festland braucht und nur alle zehn bis 14 Tage anlegt – eine He­rausforderung für den Chefkoch, einen temperamentvollen Italiener, der seine Speisekarte für die beiden Restaurants aus dem zaubern muss, was frisch angekommen ist.

Keimzelle. Ganz wichtig war für Tim Hartnoll, dass die Anlage als Keimzelle fungiert, wo probiert und getestet wird, wie man die Anforderungen von Inseln in diesem Teil der Erde menschen- und umweltfreundlich bewältigt, dem Tourismus faire Grenzen setzt, fair für die Gäste, fair für die Einheimischen. Auch der Natur will Hartnoll dienen. So züchtet man Korallen, um die immer noch merkbaren Wunden der Dynamitfischerei zu verarzten. Seeschildkröten werden in wissenschaftlichem Monitoring beobachtet und geschützt. Man hegt alte Pflanzensorten und unterstützt die Wiederaufforstung im ganzen Anamba-Archipel.

Paradiesisch. Das Bawah-
Paradiesisch. Das Bawah-(c) Raphael Olivier/Bawah

Man versucht, die Bewohner durch Aufklärung zur richtigen Abfallentsorgung zu motivieren, Bawah hilft mit einem monatlichen „Abfallboot", das den unvermeidlichen Restmüll zu einer Recyclinganlage bringt. Man bringt die einheimischen Fischer durch Errichtung von Fischfarmen dazu, die überfischten Gewässer zu schonen, Perlenfarmen sind im Entstehen – die Inselgruppe soll zu einem Nachhaltigkeitsvorbild werden. Dazu wurde die Bawah Anambas Foundation gegründet, die sich auch der Bildung der Kinder auf den entlegenen Inseln annimmt.

Das Beispiel macht Schule. Tims und Susans Vision zieht bereits weite Kreise: Mitarbeiter, die vom Heimaturlaub kommen – etwa alle sechs Wochen –, berichten von erfolgreichen Ideen für die Umsetzung des Gelernten bei sich zu Hause, das Beispiel macht also schon Schule. Und die Begeisterung der beiden für ihr Projekt ist offenbar ansteckend: Raymond Saja, General Manager und der „gute Geist" der Insel, scheint immer und überall gleichzeitig zu sein, lächelnd und kompetent.

Und Paul Robinson, der Chief Operating Officer, hat von Singapur aus die Fäden in der Hand, sprudelt über vor Ideen, kennt jeden – auch auf der Fähre und offenbar auch in Singapur, wo er lebt. Robinson interessiert sich ständig dafür, was welchem Gast Spaß machen würde, wo er noch Gutes tun könnte – seine Fröhlichkeit scheint unerschöpflich.

Wie auch die aller Inselbetreuer: Jeder Gast wird mit Namen begrüßt, das Lächeln wirkt echt, man fühlt sich als Teil einer Familie. Sogar ein eigenes Namensschild wird für die Villa gemalt, in der man wohnt. Buggies bringen Sonnenmüde die paar Schritte zum Spa, zum Restaurant, zur Anlegestelle für Wasserflugzeug und Schiffe, zu den Bars, zur Filmvorführung unterm Sternenhimmel, den man natürlich auch durch ein bereitgestelltes Teleskop beobachten kann – selbst nach langem Nachdenken fällt einem nichts ein, was den Aufenthalt noch schöner machen könnte.

Compliance-Hinweis: die Autorin wurde von visitsingapore und bawahreserve.com unterstützt.

Info

Anreise: ab Wien nach Singapur am günstigsten mit Finnair über HEL und HKG. Von dort mit einer Fähre nach Batam und weiter mit dem Wasserflugzeug nach Bawah.

Unterkunft:sixsenses.com, sixsenses.com/hotels/duxton/destination

Bawah: Alles über das einsame Inselparadies – die Villen haben übrigens keinen Fernseher, TV gibt es nur zu besonderen Anlässen wie Sportereignissen, WLAN und iPad aber in jeder Villa, dafür oft Filmvorführungen – und was man dort erleben kann, vom „Regenwald des Meeres" bis zu Dschungelführungen und natürlich jeglichem Wassersport: bawahreserve.com

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.