Helmut Kohl war bei einem Festessen mit Polens Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki als in Berlin die Mauer fiel.
30 Jahre Wende

Wie Helmut Kohl den Mauerfall fast verschlafen hätte

Der deutsche Bundeskanzler war an diesem historischen Tag auf Besuch in Warschau und von Informationen aus der Heimat weitgehend abgeschirmt. So wurde er von der Öffnung der Grenze erst verspätet informiert. Dann aber reagierte er rasch.

Es war der 9. November 1989. Für den deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl stand ein heikler Besuch an der Tagesordnung. Die erste nichtkommunistische Führung in Warschau war zu einem Treffen bereit gewesen und Kohl wollte die Gunst der Stunde für eine Annäherung der beiden Nachbarstaaten nutzen. Als an diesem Abend um 18:30 SED-Politbüro-Mitglied Günter Schabowski in Ostberlin die sofortige Möglichkeit der Ausreise für alle DDR-Bürger verkündete, war der Bundeskanzler gerade in den Vorbereitungen für ein Abendessen mit dem polnischen Ministerpräsidenten Tadeusz Mazowiecki im Warschauer Namiestnikowski-Palast. Obwohl in den Monaten davor die Zahl an DDR-Flüchtlingen zugenommen hatte, ahnte Kohl nichts von diesem  Umbruch. Und er wurde auch erst viele Stunden später von den Ereignissen in Berlin informiert.

Delegationsteilnehmer berichten, dass Kohl noch am Nachmittag des selben Tages irritiert gewesen sei, als ihn der polnische Gewerkschaftsführer Lech Walesa auf mögliche Auswirkungen einer ostdeutschen Grenzöffnung ansprach. Der Solidarność-Mitbegründer wollte wissen, wie Bonn wohl darauf reagieren werde, wenn Hunderttausende in den Westen drängen. Werner Weidenfeld, damals einer der engsten Berater des Kanzler erinnerte sich Jahre später im Gespräch mit der „Presse“ an dieses Treffen: „Kohl hat nach dem Verlassen des Büros von Walesa vor seinem Stab die Augen gerollt.“ Jetzt spreche der gleich vom Mauerfall, ulkte der Kanzler.

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