Geschichte

So war es damals wirklich in Amerika

In den USA zu leben war für Schwarze über Jahrhunderte eine schwere Bürde. Mit Obama schien der Konflikt überwunden, unter Trump kocht er wieder auf.
In den USA zu leben war für Schwarze über Jahrhunderte eine schwere Bürde. Mit Obama schien der Konflikt überwunden, unter Trump kocht er wieder auf.(c) Reuters
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In „Diese Wahrheiten“, Jill Lepores brillanter Geschichte der USA, kommen Frauen und Sklaven nicht weniger zu Wort als die Mächtigen. Das ergibt neue Blickwinkel auf ein Land, das wir alle zu kennen glauben und doch nie verstehen.

Jill Lepore ist Historikerin in Harvard, aber auch Redaktionsmitglied beim „New Yorker“. Das merkt man: Ihre Geschichte Amerikas liest sich wie eine Sammlung von Geschichten. In ihrer Heimat im Vorjahr ein Bestseller, sind „Diese Wahrheiten“ nun auf Deutsch erschienen. Aber ist eine solche Gesamtdarstellung auf 1100 Seiten, von der Mayflower bis Trump, gestützt auf vorhandene Forschung und längst zugängliche Quellen, nicht ein antiquiertes Format? Kein Körnchen Staub muss man wegblasen, weil so viele bisher ungehörte Stimmen zu Wort kommen. Nicht der zweite Präsident John Adams, sondern seine Frau, Abigail, die sich per Brief bitter über die Rechtlosigkeit ihres Geschlechts beklagt. Oder Schwarze, die nicht stumm litten, sondern ihre Kritik scharf formulierten. Als Leser blickt man nicht aus der Vogelschau der Mächtigen auf die Ereignisse, sondern wähnt sich mittendrin, auf der Seite der Betroffenen. Das Leitmotiv sind die Widersprüche, von Anfang an: Die Gründerväter bauten ihre Nation auf das Recht, um es sogleich zu brechen. So scheinen die Amerikaner dazu verdammt zu sein, „für alle Zeit über die Bedeutung ihrer eigenen Geschichte zu streiten“. Hier einige Streiflichter auf Aspekte, sie man so noch nicht erzählt bekam.

„Alle sind gleich geschaffen“ – das galt nur für weiße Männer mit Besitz, eine Minderheit.

Leben, Freiheit und das Streben nach Glück als natürliche Rechte „of all men“: Die Gründerväter waren sich einig, dass sie damit nicht „alle Menschen“ meinten. Sie beriefen sich auf den Aufklärer John Locke, der etwa in seiner „Verfassung Carolinas“ erklärt hatte, wieso Engländer den Ureinwohnern das Land wegnehmen dürfen: Indianer bewirtschaften nichts, kennen kein Privateigentum, deshalb haben sie keine Regierung mit Herrschaftsrechten – denn der einzige Daseinszweck einer Regierung ist es, Eigentum zu schützen. Das machte den Weg frei, nicht nur für Enteignung, sondern auch für den Genozid. Und die Sklaven? Vom Verbot der Knechtschaft ausgenommen wurden schon früh „Fremde, die an uns verkauft werden“. So trug der erste Präsident George Washington, der heute die Ein-Dollar-Note ziert, die Zähne seiner Sklaven als Prothese im Mund. Um den Humanbesitz besteuern zu können, sahen viele in Schwarzen rechtlich „nicht mehr Menschliches als Vieh“. Dabei war das englische Amerika mehrheitlich afrikanisch: Während von 1600 bis 1800 eine Million Europäer einwanderten, wurden 2,5 Millionen Schwarze gewaltsam ins Land gebracht.

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