Heikles Urteil des Höchstgerichts: Lula da Silva, wegen Korruption 2018 zu fast neun Jahren verurteilt, kann erneut in Berufung gehen.
Brasilia. Brasiliens Ex-Präsident Lula da Silva (74), der seit April 2018 eine fast neunjährige Haftstrafe absitzt, ist in der Nacht auf Samstag enthaftet worden. Er verließ das Polizeipräsidium von Curitiba, vor dem den Politiker der Arbeiterpartei jubelnde Fans empfingen. Kurz zuvor hatte ein Richter in der Stadt im Süden des Landes die vorläufige Freilassung angeordnet.
Lula (im Amt 2003 bis 2010) war im Rahmen eines Korruptionsskandals um die halbstaatliche Ölfirma Petrobras und einen Baukonzern verurteilt worden. Er soll sich etwa eine Luxuswohnung gratis renovieren haben lassen und dem Baukonzern dafür Aufträge von Petrobras zugesagt haben. Lula dementiert und spricht von einer Verschwörung.
Diese Woche hatte das Oberste Bundesgericht entschieden, dass in zweiter Instanz verurteilte Straftäter bis zur Ausschöpfung aller noch möglichen Rechtsmittel inklusive Entscheidungen der Höchstgerichte auf freiem Fuß bleiben. Die Möglichkeit, Verurteilte gleich nach Scheitern der ersten Berufung einzukerkern, war vor wenigen Jahren eingeführt worden, weil es speziell Korruptionsermittlungen erleichterte. Da Rechtsmittelverfahren in Brasilien sehr lange dauern, wollten es Angeklagte vermeiden, derweil in Haft zu sein, und haben dafür oft als Kronzeugen ausgesagt. Insgesamt könnten wegen des Urteils aber gleich Tausende Gefangene freikommen.
Die rasche Freilassung Lulas war überraschend. Seine Anwälte wollen nun ein Rechtsmittelverfahren anstrengen, das zumindest viele Monate dauern dürfte.
Grüße linker Regierungen
Lula warf dem „verfaulten Teil“ von Staat, Justiz und Polizei vor, ihn und die Linke zu kriminalisieren. Die Verurteilung schloss ihn 2018 von der Präsidentenwahl aus, bei der er gute Chancen hatte. Gewinner war der ultrarechte Jair Bolsonaro.
Lula galt lange als Lichtgestalt der lateinamerikanischen Linken. Mehrere linke Staatschefs der Region, etwa Argentiniens, Venezuelas und Kubas, würdigten jetzt seine Freilassung.
(Red.)