Nach der vierten Parlamentswahl in vier Jahren muss sich der sozialdemokratische Premier Pedro Sánchez wohl erneut auf politische Partnersuche machen.
Madrid. Ein Sieg, aber wieder keine ausreichende Mehrheit: Auch die Neuwahl am Sonntag dürfte Spaniens bisherigem sozialistischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez vermutlich nicht den erhofften Durchbruch bringen. Alle Umfragen sahen den 47-Jährigen zwar vorn, doch nicht stark genug, um allein eine Regierung bilden zu können. Damit droht die politische Hängepartie, die Spanien bereits seit Monaten lähmt, weiterzugehen.
Sánchez, der seit April nur noch geschäftsführend im Amt ist, müsste sich also wieder links oder auch rechts seiner sozialdemokratisch ausgerichteten PSOE Unterstützung suchen. Er braucht im Parlament eine Mehrheit, die eine Minderheits- oder eine Koalitionsregierung absegnen muss. Einen entsprechenden parlamentarischen Pakt hatte er bereits nach den Wahlen im April, die er mit einem ähnlichen Ergebnis gewonnen hatte, angestrebt – aber ohne Erfolg. Deswegen musste nun die Parlamentswahl wiederholt werden.
Die Wahlbeteiligung lag am Sonntagnachmittag deutlich unter jener der vergangenen Wahl im April. Bis 14 Uhr gaben nach offiziellen Angaben 37,9 Prozent der Berechtigten ihre Stimme ab – knapp vier Prozentpunkte weniger als beim letzten Urnengang. Soziologen hatten davor gewarnt, dass diese Wahlwiederholung die Zahl der Stimmverweigerer in die Höhe treiben könnte. Die Zahl der Briefwähler ist bereits um 26 Prozent eingebrochen. Bei der Wahl vor sechs Monaten beteiligten sich fast 72 Prozent der Stimmberechtigten.
Das Votum am Sonntag war die vierte Parlamentswahl in den letzten vier Jahren. Seit Ende 2015 wird Spanien von wackeligen Minderheitskabinetten regiert. Bis Mai 2018 war die Volkspartei PP am Ruder. Dann kam per Misstrauensvotum der Sozialist Sánchez an die Macht. Bei der Wahl im April kam die PSOE auf knapp 29 Prozent der Stimmen. Die Ausgangslage bei der politischen Partnersuche dürfte diesmal noch schwieriger sein – denn erwartet wurde zuletzt, dass sich die konservativen Parteien leicht erholen dürften. Der zweite Unsicherheitsfaktor ist die rechtspopulistische Partei Vox, die – je nach endgültigem Wahlergebnis – sogar zur drittstärksten Kraft im Parlament aufsteigen könnte.
Katalonien im Mittelpunkt
Der Wahlkampf war von der Katalonien-Krise bestimmt worden. Sozialisten und Konservative warfen sich gegenseitig vor, bei der Lösung des Unabhängigkeitskonflikts versagt zu haben. Die Debatte um die Zukunft Kataloniens wurde zuletzt durch die Verurteilung von mehreren Separatistenführern zu Gefängnisstrafen angefacht. (rs)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.11.2019)