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Wo 5G seine Stärken ins Spiel bringt

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Der neue Mobilfunk 5G ist ein technologischer Quantensprung – in einigen Bereichen tritt er gerade den Beweis an.

Ob sich das Leben eines privaten Smartphone- oder Laptopusers entscheidend verändert, wenn dank 5G Daten in noch rasanterem Tempo navigieren, ist fraglich. Als gesichert gilt hingegen, dass der Technologiesprung zwingend notwendig ist, um einer Reihe von Innovationen in der Industrie den Weg zum Erfolg zu ebnen. Wozu der immer schnellere Austausch von immer größeren Datenmengen gut ist, zeigt sich etwa im Bereich der smarten Mobilität, konkret beim autonomen Fahren.

Reaktionsschnell auf der Straße

Selbstfahrende Fahrzeuge der Zukunft werden ihre Bordcomputer  mit einer schier unendlichen Datenfülle aus diversesten Kanälen füttern. Möglich wird die notwendige Vernetzung zwischen Verkehrsteilnehmern, Autokameras und -sensoren, intelligenten Ampeln und Lichtmasten, virtuellen Straßenkarten und Wetterdiensten freilich nur, wenn die Datenkommunikation im Internet der Dinge friktionsfrei, sicher und in Echtzeit vonstattengeht. Was die neuen Latenzzeiten von 5G dabei leisten können, lässt sich an einem Beispiel aus dem Verkehrsalltag anschaulich darlegen. Man denke an ein autonom fahrendes Fahrzeug, das mit 50 km/h im Stadtgebiet unterwegs ist, mit seinen Kameras ein über die Straße laufendes Kind detektiert und daraufhin eine vollautomatisierte Notbremsung vornimmt. Werden die Daten mit einer 5G-Latenzzeit von einer Millisekunde ausgewertet, legt das Fahrzeug bis zum Auslösen des Bremsmanövers gerade einmal 1,4 Zentimeter zurück. Mit 4G-Übertragung wären es rund 70 Zentimeter. Würde ein Mensch das Auto steuern und geht man dabei von einer üblichen Reaktionszeit von einer Sekunde aus (vom Erkennen der Gefahr bis zur Betätigung des Bremspedals), würde das Bremsen erst nach rund 14 Metern eingeleitet werden – eine Distanz, die im schlimmsten Fall ein Leben sehr wohl entscheidend verändern kann.

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In Echtzeit in den OP-Saal

Tempo, Reaktionsschnelligkeit und Sicherheit bei der Datenübertragung spielen ebenfalls  im Bereich der aufstrebenden Telemedizin eine unerlässliche Rolle. „Geschwindigkeit und Latenz von 5G werden den Anforderungen echter Telechirurgie gerecht. Das ermöglicht unter anderem die Verbesserung der chirurgischen Versorgung in abgelegenen Gegenden, da Spezialisten an fast jedem Ort der Welt hinzugezogen werden könnten“, meint der Münchner Facharzt für Allgemeine Chirurgie, Michael Kranzfelder. Als Anwendungsbeispiel führt der Mediziner, dessen Forschungsschwerpunkt auf dem Einsatz intelligenter, kooperativer OP-Systeme liegt, die Fernsteuerung eines Kameraführungsarmes an: „Hier muss eine Echtzeit-Übertragung nicht nur der Fernsteuerung, sondern auch des Videosignals erfolgen, damit der Chirurg die Auswirkungen seiner Aktionen ohne Verzögerung sieht und sofort reagieren kann.“  Wie schnell und zuverlässig Steuerbefehle an Roboter übertragen und verarbeitet werden, oder ob endoskopische Bilddaten verzögerungsfrei zu sehen sind, wird u. a. an der Technischen Universität München gerade erforscht. Eingerichtet wurde dazu ein OP-Saal mit Prototypen von 5G-fähigen Access-Points und Endgeräten.

Slice & Edge in der intelligenten Fabrik

Große Hoffnungen auf den neuen Mobilfunk werden auch im Bereich der intelligenten Fabrik gesetzt. Die Vision von sich selbst organisierenden Produktionsumgebungen, in denen Fertigungs- und Logistikprozesse ohne menschlichen Eingriff geschehen, fußt auf der Vernetzung von Maschinen und Systemen. Die Kommunikationsgrundlage bildet das Internet der Dinge, bei dem 5G seine Stärken ins Spiel bringt. Dazu zählt neben der hohen Geschwindigkeit bei der Datenübertragung und der Reaktionsfähigkeit in Echtzeit vor allem der Umstand, dass es in 5G-Netzen möglich ist, Hundertausende Geräte, Werkteile und Produkte miteinander energieeffizient kommunizieren zu lassen.

„Erst mit 5G werden echte Geschäftsmodelle im Bereich des Internets der Dinge und der Industrie 4.0 möglich“, sagt Thomas Rappold, Internetberater und Experte für Technologie-Investments, und verweist in diesem Zusammenhang auf die Schlüsselbegriffe Network Slicing und Edge Computing. Ersteres erlaubt es, dass sich mobile Netze für ihre jeweiligen Herausforderungen spezialisieren können und aus dem Netz herausschneiden (=to slice), was sie am meisten brauchen. Die Architektur des Netzes der fünften Mobilfunkgeneration richtet sich nämlich nach den Erfordernissen der Anwender. Während etwa ein autonomes Fahrzeug in erster Linie auf niedrige Latenzzeiten angewiesen ist, benötigen industrielle Produktionshallen mit Tausenden vernetzten Robotern, Einzelteilen und Transportfahrzeugen vor allem ein Netz, das eine große Zahl von Geräten und Menschen gleichzeitig miteinander arbeiten lässt. Bei Edge Computing geht es dann darum, Datenströme ressourcenschonend zumindest teilweise an Ort und Stelle, zum Beispiel innerhalb einer Fabrik, zu verarbeiten. Die relative Unabhängigkeit von externen Servern und der Cloud bringt Sicherheit, weil sensible Daten in der Halle bleiben.

Physische mit digitaler Welt verknüpfen

„5G ist ein technologischer Quantensprung, der eine fehlerlose und günstige industrielle Herstellung ermöglicht“, ist ebenfalls Günther Schuh, CEO von der e.GO Mobile AG, überzeugt. Den Beweis tritt er gerade mit der Inbetriebnahme einer der wohl smartesten Industriehallen Europas an. Am Produktionsstandort Aachen setzt der Serienhersteller von Elektroautos in Kooperation mit den Mobilfunkern Ericsson und Vodafone als erstes Unternehmen des Landes in der Fertigung auf das neue Breitbandnetz. In der 8500 Quadratmeter großen Fabrikhalle Werk  1 wurden dazu kleine Mobilfunkantennen verbaut. Werden Produktionsstoffe und Materialien in die Halle geliefert, erhält jedes einzelne Teil einen eigenen RFID-Code (Radio Frequency Identification). Scanner sorgen für die automatische und berührungslose Identifizierung sowie die Verbuchung in das Onlinesystem per Funk. Entsprechend den Kundenwünschen beginnt nach der Identifizierung der Montageprozess. Die Karosserien kommen auf autonom fahrenden Plattformen, die mit Sensoren ausgestattet sind, und werden in der Folge vollautomatisch individuell bestückt. Vernetzt sind auch die Werkzeuge, die etwaige Fehlfunktionen selbsttätig an die zuständige Abteilung melden.

„Die Serienproduktion komplexer Maschinen wie etwa neuartiger Elektroautos erfordert digitale Übertragungsraten in Echtzeit, ein für die individuellen Anforderungen entwickeltes IoT-Netz und größtmögliche Sicherheit“, so Schuh. Die neue Vernetzung mache die Arbeitsabläufe wesentlich effizienter. „Unser Werk ist eine echte Industrie-4.0-Fabrik. Die Konnektivität verknüpft die physische mit der digitalen Welt. Zu jedem Zeitpunkt ist der Zugriff auf relevante Informationen gewährleistet und erlaubt sofortiges Handeln.“

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