Boliviens Ex-Präsident Evo Morales ist nach seinem Rücktritt nach Mexiko ausgereist. Während Bolivien im Chaos versinkt, tritt wenig später auch der Verteidigungsminister zurück.
Der scheidende bolivianische Präsident Evo Morales ist nach Angaben des mexikanischen Außenministeriums sicher an Board eines Flugzeugs auf dem Weg nach Mexiko. Morales gab seine Ausreise ins dortige Exil in der Nacht auf Twitter bekannt und versprach seinen Anhängern, dass er "mit mehr Kraft und Energie" zurückkehren werde.
"Schwestern und Brüder, ich breche nach Mexiko auf", schrieb Morales. "Es tut weh, das Land aus politischen Gründen zu verlassen, aber ich werde in Kontakt bleiben", so der erste indigene Präsident des Andenlandes, der am Sonntag nach 14 Jahren an der Macht seinen Rücktritt erklärt hatte.
Die mexikanische Regierung bestätigte den Vorgang. "Evo Morales ist in dem Flugzeug der mexikanischen Regierung, das geschickt wurde, um seinen sicheren Transport in unser Land gewährleisten", schrieb Mexikos Außenminister Marcelo Ebrard auf Twitter. Mexiko hatte am Vortag beschlossen, Morales aus humanitären Gründen Asyl zu gewähren. Das Leben von Morales sei in Bolivien in Gefahr, sagte Ebrard.
Plünderer legen Feuer
In Bolivien hinterlässt Morales ein Machtvakuum. Marodierende Banden treiben in dem südamerikanischen Land ihr Unwesen. Aufgebrachte Anhänger des früheren Präsidenten plünderten nach Medienberichten Geschäfte, errichteten Barrikaden und legten Feuer. Im Regierungssitz La Paz und der Schwesternstadt El Alto wurden bei gewalttätigen Zusammenstößen mindestens 20 Menschen verletzt, wie die Zeitung "La Razón" berichtete.
Der bei den jüngsten Wahlen unterlegene Präsidentschaftskandidat Carlos Mesa schrieb auf Twitter: "Viele Leute warnen mich, dass ein Mob zu meinem Haus zieht, um es zu zerstören. Ich bitte die Polizei, das zu unterbinden." Auch Morales beklagte, dass seine Häuser in La Paz und in Cochabamba von Anhängern der Opposition angegriffen worden seien.
Kurz nachdem Morales das Land verlassen hatte, legte in der Nacht auf Dienstag auch Verteidigungsminister Javier Zavaleta López sein Amt nieder. "Der Staat, den wir aufgebaut haben, ist ein Bolivien, in dem das Militär an der Seite des Volkes sein Heimatland verteidigen soll und nicht gegen sein Volk", sagte er. Am Montag hatten die Streitkräfte angekündigt, gegen Plünderer vorzugehen.
Die erste Nacht nach seinem Rücktritt verbrachte Morales offenbar in einem einfachen Haus in seiner Hochburg Cochabamba. Er veröffentlichte auf Twitter ein Foto, das ihn auf einer Wolldecke auf dem Boden eines schmucklosen Zimmers zeigt. "Das erinnerte mich an meine Zeiten als Gewerkschaftsführer", schrieb er dazu.
Morales wollte bis 2025 im Amt bleiben
Auf Druck des Militärs war Morales am Sonntag nur drei Wochen nach seiner umstrittenen Wiederwahl zurückgetreten. Der Sozialist hatte sich nach der Abstimmung am 20. Oktober zum Sieger in der ersten Runde erklärt, obwohl die Opposition und internationale Beobachter erhebliche Zweifel anmeldeten. Seine Gegner warfen ihm Wahlbetrug vor.
Dabei hatte der erste indigene Präsident dem Armenhaus Südamerikas eine lange Zeit der politischen Stabilität und der wirtschaftlichen Entwicklung beschert. Er sorgte dafür, dass die satten Gewinne aus der Gas- und Lithium-Förderung größtenteils im Land blieben und auch der indigenen Bevölkerungsmehrheit zugute kamen. Um sich seinen Traum zu erfüllen und bis zur 200-Jahr-Feier der Unabhängigkeit 2025 im Amt zu bleiben, überspannte er den Bogen allerdings.
Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) hatte in einem vorläufigen Bericht Manipulationen bei der Präsidentenwahl festgestellt und eine Annullierung empfohlen. Daraufhin kündigte Morales am Sonntag zunächst eine Neuwahl an, am Ende gab er aber dem wachsenden Druck von Militär und Polizei nach. Morales und seine Verbündeten in der Region sprachen von einem Putsch. Gegenkandidat Mesa nannte den Rücktritt das "Ende der Tyrannei".
Bolivien steht vorerst ohne Regierung da
Morales hatte Bolivien seit 2006 regiert. Der 60-Jährige frühere Koka-Bauer war der erste indigene Staatschef des Andenlandes und der dienstälteste Präsident Südamerikas. Er hatte sich zum dritten Mal zur Wiederwahl gestellt, obwohl die Verfassung höchstens eine Wiederwahl vorsieht. Morales überwand diese Hürde mit Hilfe der Justiz, die die Begrenzung der Amtszeiten als Verletzung seiner Menschenrechte bezeichnete.
Jetzt steht das südamerikanische Land vorerst ohne Regierung da. Neben Morales traten auch der Vizepräsident, die Präsidentin des Senats und der Präsident der Abgeordnetenkammer zurück, die nach der Verfassung eigentlich die Amtsgeschäfte übernehmen müssten. Lediglich die zweite Senatsvizepräsidentin Jeanine Anez erklärte sich bereit, die Präsidentschaft vorübergehend zu übernehmen und Neuwahlen anzusetzen. Am Dienstag will das Parlament zusammenkommen und über einen Ausweg aus der Krise beraten.
(APA/dpa/Reuters)