Baha Abu Al-Atta war Anführer der zweitmächtigsten Miliz im Gazastreifen. Israels Militär stellt sich auf mehrtägige Gefechte ein.
Israels Sicherheitskräfte haben in einer gezielten Aktion einen Anführer des Islamischen Jihad im Gazastreifen getötet. Die Armee informierte über die Operation unter Beteiligung des Inlandsgeheimdienst Shin Bet in der Nacht zu Dienstag. Die militante Palästinenserorganisation bestätigte den Tod von Baha Abu Al-Atta und seiner Frau. "Israel hat alle roten Linien überschritten", hieß es in einer Stellungnahme. Laut Gesundheitsministerium in Gaza wurden zwei weitere Personen verletzt.
Kurz darauf meldete Israel am Dienstagvormittag „erheblichen“ Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen. Der israelischen Armee zufolge wurden rund 50 Raketen aus dem Gazastreifen auf Israel abgefeuert, etwa 20 von ihnen seien vom Luftverteidigungssystem abgefangen worden. Im Süden Israels schlugen mehrere Raketen ein. Es gab demnach mehrere Verletzte, auch Wohnhäuser wurden beschädigt. Armeesprecher Jonathan Conricus sagte, die Armee stelle sich auf mehrtägige Auseinandersetzungen ein.
In Tel Aviv und zahlreichen weiteren Städten wurde Raketenalarm ausgelöst. Schulen und Universitäten blieben geschlossen. Die Armee ordnete an, dass "verzichtbare" Angestellte in mehreren Teilen des Landes zu Hause bleiben sollten.
Israel reagierte mit dem Beschuss zweier Ziele des Islamischen Jihad im Gazastreifen auf die Raketenangriffe. Dabei wurden nach Angaben des Gesundheitsministerium im Gazastreifen ein Palästinenser getötet und mehrere weitere verletzt.
„Tickende Zeitbombe“
Atta war der Anführer der Al-Quds-Brigaden, des bewaffneten Arms des Islamischen Jihad im Gazastreifen. Die israelische Armee warf ihm vor, hinter mehreren Raketenangriffen und Anschlägen auf Israel zu stecken, darunter auch jenen der vergangenen Woche. Er sei "verantwortlich für die meisten Terroranschläge aus dem Gazastreifen im zurückliegenden Jahr" und habe in den vergangenen Tagen eine Reihe von "Terroranschlägen gegen israelische Zivilisten und Soldaten" geplant, erklärte die Armee.
"Er war eine tickende Bombe", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu. Die Entscheidung, ihn zu töten, sei vor zehn Tagen einstimmig von der israelischen Regierung getroffen worden. "Wir haben bewiesen, dass wir mit chirurgischen Schlägen jeden Ort treffen können, an dem sich Terroristen verbergen", sagte der rechtskonservative Regierungschef. Gleichzeitig betonte Netanjahu, Israel sei nicht an einer weiteren Eskalation interessiert.
Eskalation inmitten politischer Spannungen
Der Islamische Jihad ist die zweitmächtigste Miliz im Gazastreifen nach der Hamas, die den Gazastreifen seit 2007 kontrolliert. Beide Gruppen sind miteinander verbündet. Seit 2008 gab es bereits drei kriegerische Konflikte zwischen der Hamas und Israel. In der Vergangenheit hatte Israel immer wieder gezielt militante Palästinenser getötet, darunter auch Führungsmitglieder der Hamas. Nach dem Gaza-Krieg 2014 hatte das Militär im Rahmen einer Waffenruhe diese Praxis jedoch weitgehend unterlassen.
Die neue Eskalation erfolgt inmitten innenpolitischer Spannungen in Israel. Nachdem Ministerpräsident Benjamin Netanyahu nach der Parlamentswahl Mitte September mit einer Regierungsbildung gescheitert war, beauftragte Präsident Reuven Rivlin Ende Oktober Netayahus Rivalen Benny Gantz mit der Regierungsbildung.
(APA/dpa)