Morgenglosse

Selbst in Österreich spricht man Englisch

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Die Oscar-Jury hat den Österreichischen Kandidaten „Joy“ disqualifiziert, weil darin zu viel Englisch gesprochen wird. Dabei hat die Academy erst heuer die Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“ in „Bester internationaler Film“ unbenannt.

Die Regel ist eigentlich klar: Der „überwiegende“ Teil der Dialoge dürfe nicht in englischer Sprache sein, damit ein Film für den sogenannten Auslands-Oscar nominiert werden könne. Diese Bedingung hat die nigerianische Netflix-Produktion „Lionheart“ nicht erfüllt und auch nicht Österreichs Beitrag „Joy“, Sudabeh Mortezais hochgelobter und preisgekrönter Spielfilm über Sexarbeiterinnen in Wien. Für die Academy zählte weder, dass Englisch eine der offiziellen Amtssprachen in Nigeria ist, noch dass im Rotlichtmilieu häufig Englisch gesprochen wird. Die Entscheidung der Oscar-Academy kam so spät, dass Österreich keine Chance hat, einen anderen Film nachzureichen.

Regeln sind freilich nicht naturgegeben – auch die eines Filmpreis nicht. Bei der ersten Oscar-Verleihung 1929 gab es die Unterscheidung zwischen englischsprachigen und fremdsprachigen Filmen noch gar nicht. Sie wurde 1947 eingeführt, erst als Spezialkategorie, ab 1957 regulär. Im Februar kommenden Jahres wird die Kategorie unter neuem Namen vergeben: Sie wird nicht mehr „Bester fremdsprachiger Film“ heißen, sondern „Bester internationaler Film“. Warum schließt man englischsprachige Länder immer noch aus? Dass im Zuge dieser Umbenennung die Bestimmungen für die Sprache nicht aufgeweicht wurden, wirkt durch die Entscheidungen zu „Lionheart“ und „Joy“ nicht zeitgemäß.

Am Image des angestaubten und gestrigen Oscar wird all das nichts ändern. Dieser hat durch Debatten über Rassismus und über unverhältnismäßig wenige nominierte nicht-weiße Schauspieler, Filmemacher und Frauen in den vergangenen Jahren Prestige eingebüßt. Nun wurde wieder eine Chance auf Neuerung verpasst.

In welcher Fremdsprache ein Film der „Auslands-Oscar“-Kategorie gedreht wurde, ist der Academy übrigens egal. Auch das war nicht immer so. In Michael Hanekes „Amour“, der 2013 für Österreich siegte, wird ausschließlich Französisch gesprochen. Sein ebenfalls auf Französisch gedrehter Vorgängerfilm „Caché“ (2005) wurde als österreichischer Beitrag abgelehnt, weil damals noch die Sprache des jeweiligen Landes gesprochen werden musste, das den Beitrag eingereicht hat. Regeln kann man umschreiben. Ein Filmpreis, der international relevant sein will, sollte das auch tun.

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