Hochwasser

Venedig-Appell an Touristen: "Bleibt zu Hause"

Der Markusplatz unter Wasser.
Der Markusplatz unter Wasser.APA/AFP/MARCO BERTORELLO
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Der Markusplatz in der Unesco-Welterbestadt wurde vollkommen überflutet. Venedigs Bürgermeister Luigi Brugnaro spricht von einer Katastrophe: "Wir rufen die Regierung auf, uns zu helfen."

Das Hochwasser in Venedig hat eine "apokalyptische Zerstörung" verursacht. Dies berichtete der Präsident der Region Venetien, Luca Zaia. "Wir sind mit einer totalen, apokalyptischen Zerstörung konfrontiert und ich übertreibe nicht. 80 Prozent der Stadt ist unter Wasser. Die Schäden sind unvorstellbar und beängstigend", so Zaia in einem TV-Interview am Mittwoch.

Gemeinderatmitglied Paola Marra hat am Mittwoch auf Twitter Touristen aufgerufen, der Lagunenstadt fern zu bleiben. "Bleibt zu Hause. Kommt nicht aus Neugierde in die Stadt. Venedig ist in die Knie gezwungen“. Der Bürgermeister von Venedig, Luigi Brugnaro, meinte, man müsse der Stadt eine Zukunft sichern und sie vor Überschwemmungen schützen. Die Gefahr sei ansonsten eine weitere Entvölkerung der Stadt, die bereits ein Rekordtief von 55.000 Einwohnern erreicht hat.

Regionalpräsident Zaia, warnte vor einer weiteren Schlechtwetter-Front in den nächsten Stunden, wodurch sich die Lage in der Lagunenstadt noch verschlimmern könnte. Auch Schneefälle in den Dolomiten seien eine Belastung für seine Region.

Zwei Todesopfer

Das Hochwasser hat in der Nacht auf Mittwoch zwei Todesopfer gefordert. Ein 78-jähriger Pensionist starb an einem Stromschlag, da Wasser in seine Wohnung auf der Insel Pellestrina in der Lagune eingedrungen war und einen Kurzschluss ausgelöst hatte, berichtete die Tageszeitung "Il Gazzettino".

Ein zweiter Einwohner Pellestrinas wurde ebenfalls tot in seiner Wohnung aufgefunden. Hier wurde allerdings nicht ausgeschlossen, dass er eines natürlichen Todes gestorben ist. Stromausfälle wurden in mehreren Teilen Venedigs gemeldet, auch bei den Telekommunikationsverbindungen kam es zu erheblichen Problemen. Schulen und Kindergärten wurden am Mittwoch geschlossen.

Bürgermeister bitte Regierung um Hilfe

Angesichts des Rekord-Hochwassers will Bürgermeister Luigi Brugnaro am Mittwoch den Notstand ausrufen, wie er am späten Dienstagabend in einem Video auf Facebook ankündigte. Brugnaro sprach von einer "Katastrophe" und mobilisierte alle Einsatzkräfte. Der Bürgermeister der Lagunenstadt machte den Klimawandel für die immer häufiger werdenden Überschwemmungen verantwortlich.

"Wir rufen die Regierung auf, uns zu helfen, die Kosten werden hoch sein", sagte er in dem Video. Um kurz vor Mitternacht stieg das Wasser - angetrieben durch starken Wind - auf 187 cm über dem Meeresspiegel. Das sei der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als 194 cm erreicht wurden, teilte die Kommune mit. Danach sollte das Wasser wieder etwas sinken.

Wasser im Markusdom

Der Markusplatz in der Unesco-Welterbestadt war vollkommen überflutet. Touristen und Einheimische wateten zunächst noch in Gummistiefeln über den Platz, am Abend stieg das Wasser auf mehr als einen Meter. Nur noch die Polizei fuhr mit Booten über den Platz. Auch in den Markusdom drang das Wasser ein. Es habe unter anderem Schäden am Mauerwerk angerichtet, berichteten italienische Medien. "Wir versuchen, den Schaden in Grenzen zu halten", sagte der Ingenieur der Basilika, Pierpaolo Campostrini, der Nachrichtenagentur ANSA. Das Wasser drang auch in die Krypta ein. "Wir waren einen Schritt vor der Apokalypse", meinte Campostrini.

Mobile Schotten wurden aufgestellt, um zu verhindern, dass das Wasser in die Kapelle Zen gelangen könne, in der sich Bilder-Zyklen rund um die Legende des Heiligen Markus befinden. Gefährdet sind die Mosaiken, sowie die Marmorböden und die Holzstrukturen, die die Basilika schmücken. Wertvolle Gegenstände in der Basilika wurden in Sicherheit gebracht. Eine Taskforce des Kulturministeriums prüfte am Mittwoch die von dem Hochwasser verursachte Überschwemmung.

Es ist das sechste Mal in der fast tausendjährigen Geschichte des Markusdom, dass Wasser in die Basilika eindrang. Vier Mal wurde der Dom in den vergangenen 20 Jahren überflutet, zuletzt im Oktober des Vorjahres.

Gondeln zerschellten

Wegen des starken Sturms zerschellten Boote in den engen Kanälen, viele Gondeln waren schwer beschädigt. Bei den Verbindungen mit den Vaporetti, den Wasserbussen in Venedig, kam es zu erheblichen Problemen. Die Küstenwache musste mehreren Personen und Booten Hilfe leisten. 

Kurz vor Mitternacht stieg das Wasser - durch starken Wind - auf 187 cm über dem Meeresspiegel. Das sei der höchste Wert seit der verheerenden Überschwemmung im Jahr 1966, als 194 cm erreicht wurden, teilte die Kommune mit. Danach sollte das Wasser wieder etwas sinken. Für 12.00 Uhr plante der Stadtchef eine Pressekonferenz mit dem italienischen Zivilschutzchef Angelo Borrelli, um die Bevölkerung über die Lage zu informieren.

Für Mittwoch war kaum Wetterbesserung in Sicht, in ganz Italien war wie schon seit Tagen Regen angesagt. Von den Unwettern besonders betroffen waren am Dienstag die süditalienischen Regionen Basilikata, Apulien und Kalabrien. In Europas Kulturhauptstadt Matera kam es zu Überschwemmungen in der Altstadt.

Schwere Schäden auf Capri

Die Regenfälle verursachten auch auf der Urlaubsinsel Capri schwere Schäden. Wegen des heftigen Windes stürzte eine Ecke des Gesims des Glockenturms auf die bekannte "Piazzetta", dem bei Touristen besonders beliebten Hauptplatz von Neapel. Einige Dächer wurden beschädigt. Fährverbindungen zwischen der Insel und Neapel mussten vorübergehend unterbrochen werden. In Teilen der Insel kam es zu Stromausfällen. Auch auf Sizilien gab es Überschwemmungen und kleinere Erdrutsche.

(APA/dpa/Reuters)

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